Demotourismus am 1. Mai in Berlin: „Autonome aus der Nähe sehen“
Felix K. (24) studiert in München Ethnologie. Doch am 1. Mai will er in Kreuzberg feiern und demonstrieren. Ein Gespräch über seine Erwartungen.
taz: Felix, was führt dich nach Berlin?
Felix K.*: Freunde besuchen und der 1. Mai.
Was verbindest du damit?
Zum einen habe ich diese Medienbilder vom Straßenkampf im Kopf: Leute, die Steine werfen und Autos anzünden. Und dann ist das der „Tag der Arbeit“.
Willst du zur Gewerkschaftsdemonstration gehen?
Nein. Ich habe Freunde, die in Kreuzberg groß geworden sind. Die haben ein Programm für mich: Ich soll einfach mitkommen, sagen sie. Wir sind zehn Leute oder so.
Was hat für euch Vorrang: feiern oder an der Revolutionären 1.-Mai-Demo teilnehmen?
Mich zieht’s auf alle Fälle auch zu der Demo.
Hoffst du auf Krawalle?
Ich glaube nicht, dass ich hoffe, dass es zu Krawallen kommt. Aber ich würde es auf eine Art auch gern sehen. Ich bin so ein bisschen Voyeur. Aber ich werde nicht den ersten Stein werfen.
Mitmachen würdest du aber schon?
Nö, zugucken. Und meine innere Sympathie so’n bisschen … Na, ich wäre ein bisschen glücklich. Aber ich würde wahrscheinlich jetzt nicht einen Stein auf einen Polizisten werfen.
Aber vielleicht eine Flasche in die Scheibe einer Bank oder eines Bushäuschens?
Ich weiß nicht, ob das der richtige Weg gegen den Staat oder gegen Konsum ist, wenn man eine Scheibe einwirft oder ein Auto anzündet. Ich verstehe die Symbolik dahinter, aber ich glaube nicht, dass der Effekt der gewünschte ist.
Sind noch mehr Freunde von dir aus Bayern hier?
Es haben sich noch drei andere aus München angekündigt. Aber ich glaube, die kommen hauptsächlich zum Saufen.
Und warum bist du hier?
Vielleicht, weil ich Sympathien für linke politische Bewegungen habe? Vor ein paar Jahren habe ich eine Doku auf Arte über den 1. Mai gesehen. Das war noch vor Occupy und vor dem Arabischen Frühling. Mich hat fasziniert, welche Taktiken die Autonomen gegen Polizisten haben. Wie sich die Autonomen organisieren und was sie für Probleme haben, sich zu organisieren.
In dem Film ging es um die Berliner Autonomen?
Ja. Ich würde gerne einfach mal aus der Nähe sehen, wie die so agieren.
Ist dir der Görlitzer Park ein Begriff?
Da bekommt man Hasch und Weed.
Kiffst du selbst?
Ab und zu. Ich hab auch schon mal was im Görlitzer Park gekauft, aber das Weed dort gilt eher als gestreckt.
Ist in München bekannt, dass der Park zur Null-Toleranz-Zone erklärt worden ist?
Nein. Das wundert mich. Am Montag war ich dort. Da waren wahnsinnig viele Ticker [Dealer, die Red.], und auch Leute, die gekauft haben. Aber keine Polizisten.
Was wäre für dich ein gelungener 1. Mai?
Eigentlich habe ich gar nicht so große Vorstellungen. Ein politisch bisschen aufgeladenes Straßenfest würde mir gefallen. Und wenn ich mit einem von den Autonomen ins Gespräch komme. Mal schaun, was so passiert.
*Name geändert
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anschlag in Magdeburg
Auto rast in eine Menschenmenge auf dem Weihnachtsmarkt
Anschlag auf Magdeburger Weihnachtsmarkt
Vieles deutet auf radikal-islamfeindlichen Hintergrund hin
Fragestunde mit Wladimir Putin
Ein Krieg aus Langeweile?
Einigung über die Zukunft von VW
Die Sozialpartnerschaft ist vorerst gerettet
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen