Demos gegen rechts: Wie wär's mit Coaching von St.-Pauli-Fans?
Gegen die AfD demonstrieren massenhaft Menschen. Damit das keine Eintagsfliege bleibt, könnte man sich bei linken Fußballfanclubs Ideen abgucken.
D ie Bilder von den großen Demos in der Republik sind super. Aber die Bilder von linken Fangruppen in den Fußballstadien sind noch viel superer. Die Stimmung, die Sprechchöre, die Choreos dort waren noch mal viel eindrucksvoller als die ebenfalls beeindruckenden Bilder von den Demos.
Das Scheitern von Merz und seinem rassistischem Gesetz hat auch mit dem unmittelbar erfolgtem Aufschrei und dem entschlossenen Protest der Bürger*innen zu tun.
Aber wie das so ist mit Demos: Mit der Zeit werden immer weniger Leute kommen, weniger motiviert sein. Wir kennen das vom letzten Jahr. Was tun, wenn den Kindern auf den Schultern der demonstrierenden Eltern langweilig wird? Wenn die Leute den Sonntag doch lieber im Spaßbad als auf einer Latschdemo verbringen, muss man die Demo zum Spaßbad machen.
Es braucht mehr Happening. Wie man das macht, ließe sich an der linke Fanszene von St. Pauli und ihren Allies studieren.
Das Stadion skandierte: „Ganz Hamburg hasst die AfD“
Anlässlich des Holocaust-Gedenktags hielten vergangenen Samstag 27.000 St.-Pauli-Fans schwarze Schilder unter dem Spruch „Wer gegen Nazis kämpft, kann sich auf den Staat nicht verlassen.“ auf den Tribünen des Stadions. Das ganze Stadion skandierte: „Ganz Hamburg hasst die AfD.“ Die Lautstärke, die Leidenschaft ist beeindruckend. Davon können sich die Demos mehr abgucken. Am einfachsten wäre es ja, die linken Fußballfanklubs würden mit ihren Choreos auf die Demos gehen.
Fußballfanklubs reisen mit großer Leidenschaft zu Spielen. Ich fänd es super, wenn Demonstrierende mit der gleichen Leidenschaft wie eine Art Fußballfanklub zu Demos reisen.
Geschlossenheit und Solidarität
Ebenfalls von den linken Fußballklubs kann man lernen, dass unter den linken Geschlossenheit und Solidarität herrscht, während sich rechte Fanszenen oftmals spinnefeind sind und sich gegenseitig die Köpfe einschlagen. Die linken Fußballfanklubs fahren hingegen quer durch die Republik, vernetzen sich, helfen sich gegenseitig, suchen Gemeinsamkeiten statt den größtmöglichen Streitpunkt. Ganz anders übrigens als in den Milieus außerhalb des Fußballs, wo Linke sich in hochkomplexe Diskussionen verstricken, während Rechte sich bemühen, eher geschlossen aufzutreten.
Die linken Fußballszenen sind meist um Geschlossenheit bemüht und kreieren eine positive Stimmung durch die Verknüpfung politischer Forderungen und einer Nebensächlichkeit, dem Sport.
Statt nur mit Pappschildern die Siegessäule zu belagern, könnte man sich bei Fußballfans ein Coaching holen und überlegen, wie man lustige, aufregende Choreos in die Demos einbaut, damit die Menschen weiter leidenschaftlich sagen: Da bin ich dabei.
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