Demokratische Republik Kongo: Flecktarnuniform statt Anzug
Corneille Nangaa gehörte zum Establishment Kongos. Nun erklärt er sich im Krieg gegen Ruanda zum Anführer eines Rebellenbündnisses.
Damals hatte er auf Geheiß von Präsident Joseph Kabila, dessen Wunschkandidat bei den Wahlen abgeschmiert war, den schwachen Oppositionspolitiker Felix Tshisekedi, der genauso wenig gewonnen hatte, zum Wahlsieger erklärt – ein schmutziger Deal, aber laut Nangaa der einzige Weg zu einem friedlichen Machtwechsel. Kabila glaubte damals, sich Tshisekedi gekauft zu haben.
Heute ist aus dem servilen Wahlfälscher ein selbstbewusster Rebellenführer geworden. Statt im Anzug sieht man Nangaa in Flecktarnuniform und kugelsicherer Weste durch die Wälder Ostkongos stapfen. Mit weißem Bart und ansehnlichem Bauch hält er in Siegerpose Reden an die Bevölkerung, geschützt von schwer bewaffneten Leibwächtern.
Nangaas AFC vereint bewaffnete Gruppen, die in der DR Kongo gegen Präsident Tshisekedi kämpfen. Die bei Weitem größte ist die Rebellenarmee M23 (Bewegung des 23. März), ursprünglich 2012 von desertierten Tutsi-Armeegenerälen gegründet und seit 2021 erneut im Krieg. Maßgeblich von Ruanda aufgerüstet, scheint die M23 heute so stark wie nie und stand am Sonntag kurz vor der Einnahme der Millionenstadt Goma.
Eine kongolesische „Bilderbuchkarriere“
Während sich die M23 als militärische Gruppierung mit politischen Auftritten immer schwertat, spielt Nangaa das politische Schwergewicht. Nicht Goma sei das Ziel der aktuellen Offensive, sondern Kinshasa, tönt er. Er will die Macht im ganzen Land. Der AFC-Chef bläst zur „Revolution“ gegen schlechte Regierungsführung, Korruption und ethnische Spaltung in dem riesigen Vielvölkerstaat.
Eigentlich gehört Corneille Nangaa selbst zu Kongos korruptem Establishment. Geboren 1970 in eine wohlhabende Familie des Budu-Volks, machte er Karriere als Wahlexperte, unter anderem für US-Organisationen und stieß 2005 zu Kongos Wahlkommission, die damals die ersten freien Wahlen des Landes organisierte. 2015 wurde er Leiter der Wahlkommission, als loyaler Technokrat.
Kaum im Amt, erklärte Nangaa fristgerechte Wahlen für unmöglich und organisierte die Verzögerungstaktik, die zu Wahlen erst 2018 statt 2016 führte. Danach zog er sich auf seine 23.000-Hektar-Farm mit Stiftung und Goldförderlizenzen in Haut-Uélé zurück, wo sein Bruder Gouverneur war. Eine kongolesische Bilderbuchkarriere.
Geschäftliche Unstimmigkeiten mit dem mittlerweile wiedergewählten Tshisekedi und fortgesetzte Treue zum mittlerweile exilierten Kabila haben Nangaa nun eine zweite, ganz andere Karriere beschert. Den Wandel, den er jetzt predigt, verkörpert er aber nicht, sondern für viele eher den Landesverrat zugunsten Ruandas. In Abwesenheit wurde Nangaa am 8. August 2024 in Kinshasa, der Hauptstadt der DR Kongo, zum Tode verurteilt, seine Güter beschlagnahmt und verkauft. Die EU hat ihn mit Sanktionen belegt.
Corneille Nangaa hat jetzt in der Heimat nichts mehr zu verlieren, ebenso wenig seine Mitstreiter in der M23. Das mag ein Grund sein, warum die Rebellen jetzt aufs Ganze gehen. Dominic Johnson
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