Demo gegen Sklaverei: „Wir sind keine Ware“

Am Samstag gab es Protest gegen Sklaverei und europäische Abschottungspolitik vor der libyschen Botschaft in Berlin.

Afrikanische Geflüchtete in einem libyschen Internierungslager. Foto: dpa

Gut 1.000 Berliner afrikanischer Herkunft demonstrierten am Samstag vor der libyschen Botschaft in Dahlem gegen die Versklavung ihrer Landsleute in Libyen. „Unser Protest richtet sich gegen Libyen, gegen die EU und auch gegen die Afrikanische Union“, erklärte Moctar Kamara vom Zentralrat der afrikanischen Gemeinde in Deutschland, der die Demonstration organisiert hatte. Die Frage nach seiner Nationalität will er nicht beantworten. „Das ist nicht wichtig. Ich stehe vor Ihnen als Panafrikaner“, so Kamara zur taz.

Der Zerfall des libyschen Staates, aber auch die Abschottungspolitik Europas führen dazu, dass Geflüchtete in Libyen in Gefängnissen und Internierungslagern festgehalten und als Sklaven verkauft werden. Dagegen richtet sich der Protest.

Fotos von Operationsnarben

„Sklavenhalter in Libyen – Wachhunde für die EU-Abschottung“, „Stoppt die schwarze Sklaverei in Libyen“ oder einfach nur „Wir sind keine Ware“ steht auf den Transparenten, die die Teilnehmer mit sich führten. Die afrikanischen Gemeinden hatten über Facebook mobilisiert und Menschen aus zahlreichen afrikanischen Staaten kamen: aus dem Tschad, Äthiopien, Burkina Farso, Somalia, Eritrea, Ghana, der Elfenbeinküste und Nigeria. Unter ihnen Migranten, die seit Jahren in Berlin leben, und neu angekommene Flüchtlinge in dünnen Stoffschuhen und nicht wettergerechten Jacken, die im Dauerregen schnell froren. Ein somalischer Flüchtling zeigte Fotos von Freunden, die gerade in Libyen auf die Weiterreise nach Europa hoffen. Die drei Männer auf den Fotos präsentierten ihre frischen Operationsnarben: In Libyen war ihnen gegen ihren Willen eine Niere entfernt worden.

Angst vor der Polizei

„Ich bin zum ersten Mal in meinem Leben auf einer Demonstration“, sagt ein Mann aus Eritrea. Die starke Polizeipräsenz mache ihm ein wenig Angst – es brauchte Zeit, bis er realisierte, dass die Polizei nur zum Schutz der Demonstranten da war. „In Eritrea wäre ich erschossen oder ins Gefängnis gesteckt worden, wenn ich demonstriert hätte“, sagt er. Aber die Situation in Libyen habe ihn motiviert, seinen Protest zu zeigen.

„Ich habe in Libyen vier Monate lang im Gefängnis gesessen, bis ich weiter nach Italien reisen durfte“, sagt er. „Ich wurde auf die Fußsohlen geschlagen und bekam an manchen Tagen nur Wasser statt Nahrung. Aber so schlimm wie es heute in den Internierungslagern ist, war es damals nicht. Ich habe meine Facebookseite deaktiviert, damit ich nicht mehr jeden Tag die schlimmen Bilder aus Eritrea und Libyen sehen muss.“ Sein Bruder stecke gerade auf der Flucht aus Eritrea im Sudan fest und komme nicht weiter nach Libyen.

Die Polizei sprach von einem friedlichen Verlauf der Demonstration. „Uns liegen keine Strafanzeigen vor“, sagt ein Polizeisprecher.

In Berlin leben etwa 30.000 Staatsbürger verschiedener afrikanischer Staaten – Tendenz stark steigend. Neu ankommende Flüchtlinge stammen vor allen aus Ägypten, Eritrea und Somalia, länger hier lebende Migranten aus Ägypten, Nigeria, Mosambik und Ghana.

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