Debatte zum 1. Mai im Abgeordnetenhaus: Grüne beim Rumeiern erwischt

Aus SPD-Sicht distanzieren sich die Grünen nicht ausreichend von dem Angriff auf Regierungschefin Franziska Giffey (SPD).

Franziska Giffey neben einem Personenschätzer

Gekonnt abgelenkt: Personenschützer am 1. Mai beim Auftritt von Giffey beim DGB Foto: Imago

BERLIN taz | Die Ei-Attacke auf Regierungschefin Franziska Giffey (SPD) am 1. Mai hat am Donnerstag ein Nachspiel im Abgeordnetenhaus gehabt. Der innenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Vasili Franco, nannte den Vorfall zwar „idiotisch“. Er sprach aber zugleich eher locker vom „berühmt gewordenen Giff-Ei“ und meinte, die SPD-Politikerin habe die Sache mit Humor genommen.

Das hatten andere Beobachter nicht so aufgefasst. Zudem konnte man im Plenarsaal den Eindruck haben, dass Franco einen relativierenden Zusammenhang zwischen der Attacke und Giffeys Nein zu Enteignungen herstellte.

Die Regierungschefin hatte am Sonntag bei der 1.-Mai-Demonstration auf Einladung des DGB geredet. Dabei flog ein Ei auf sie zu, das ein Personenschützer abwehren konnte. Parteiübergreifend hatten Politiker die Attacke verurteilt. Linkspartei-Fraktionschef Carsten Schatz etwa twitterte: “Ein Eierwurf ist keine Kritik, sondern ein entwürdigender körperlicher Angriff, der demütigen soll.“ Dafür eine Veranstaltung des DGB zu kapern, sei „respektlos vor den Kämpfen der Arbeitenden.“

Die im Vergleich dazu eher lockere Wortwahl des Grünen-Abgeordneten Franco sorgte am Donnerstag nicht bloß für Kritik bei dem direkt nach ihm redenden AfD-Abgeordneten Carsten Woldeit, sondern auch bei der SPD-Fraktion. Deren Spitze machte ihrem Ärger nach taz-Informationen gegenüber ihrem grünen Koalitionspartner klar. Was den Ausschlag gab, blieb offen – aber Franco ging zu einer Replik auf Woldeit erneut ans Mikro und mühte sich, den Eierwurf eindeutig zu verurteilen.

Innensenatorin Spranger (SPD) sprach vom „friedlichsten 1. Mai seit Jahrzehnten“

Dem AfD-Mann war noch ein anderer Satz von Franco aufgestoßen, der auch SPD-Fraktionschef Raed Saleh, Ehrenkommissar der Berliner Polizei, kaum gefallen haben dürfte. Nicht ganz Berlin hasse die Polizei, zitierte Woldeit den Grünen aus dessen Betrachtung zum 1. Mai – was umgekehrt hieße, dass fast ganz das ganze Land es tut. Das passte wenig zu einer Partei, die mit dem Koalitionsvertrag auf dessen Seite 81 die Aussage unterschrieben hat, man stärke „der Polizei (…) den Rücken“. Woldeits Kommentar: „Das ist unterirdisch, was Sie von sich geben.“

Linkspartei-Innenpolitiker Niklas Schrader mochte weniger über die Attacke auf Giffey reden, sondern über das, was aus seiner Sicht den 1. Mai ausmacht, nämlich politische Forderungen. Dabei stellte er sich hinter den Vorschlag seiner Parteifreundin Katja Kipping, der Sozialsenatorin, auf Wochenenden fallende Feiertage wochentags nachzuholen. Zudem forderte er Umverteilung von oben nach unten, gerade angesichts steigender Preise.

Schrader wiederum musste sich Kritik vom Björn Jotzo (FDP) anhören: Für den verniedlichte er die 1.-Mai-Bilanz, wenn er von Gewalt auf niedrigem Niveau spreche. Auch die 30 dabei verletzten Polizisten „sind genau 30 zuviel“, sagte Jotzo. Vom „friedlichsten 1. Mai seit Jahrzehnten“ sprach allerdings auch Innensenatorin Iris Spranger (SPD).

Von der CDU als größter Oppositionsfraktion gab es zuvor viel Lob für die Polizei und Spranger, die erstmals als Innensenatorin einen 1. Mai erlebte. Das von ihr verfolgte „Konzept der ausgestreckten Hand“ würde seine Fraktion vorbehaltlos unterstützen, war vom CDU-Abgeordneten Frank Balzer zu hören. Er lobte zudem das – SPD-geführte – Bezirksamt Neukölln dafür, mehrere Feste organisiert zu haben, die aus einer Sicht deeskalierend wirkten.

Senatorin Spranger beendete die Debatte mit dem Hinweis darauf, dass direkt nach dem 1. Mai „unsere Polizei erneut gefordert ist“, nämlich durch den 77. Jahrestag der deutschen Kapitulation 1945. Inzwischen seien für den 8. und 9. Mai über 50 Veranstaltungen angemeldet, vor allem an den drei sowjetischen Ehrenmälern. Aufgabe sei es dabei, „das Gedenken nicht instrumentalisieren zu lassen.“

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