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Debatte um die Alte MünzeKein Club, nirgends

Weder „House of Jazz“ noch Zentrum der freie Kulturszene: Die Diskussion um die Zukunft der Alten Münze in Mitte erreicht das Abgeordnetenhaus.

Der Kelly-Family-Manager: CDU-Kultursenator Joe Chialo vor gut einem Jahr bei einem Besuch der Alten Münze Foto: Philipp Znidar/dpa

Berlin taz | Die umstrittene Zukunft der Alten Münze am Molkenmarkt in Mitte beschäftigt nun auch den Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses. Neue, in groben Zügen seit Dezember bekannte Pläne sehen vor, hier alles anders zu gestalten als bislang angedacht. Der vor acht Jahren entwickelte Plan, in der Alten Münze ein Zentrum für Jazz und improvisierte Musik zu errichten, wurde gekippt.

Die Koalition der Freien Szene, der der ehemalige Kultursenator Klaus Lederer von den Linken noch versprach, an dem Ort künftig eine wichtige Rolle spielen zu können, soll nun nichts mehr zu melden haben. Stattdessen wird den privatwirtschaftlichen Spreewerkstätten, seit mehr als zehn Jahren Zwischennutzer der Alten Münze, in Aussicht gestellt, langfristig als einziger Hauptmieter den Ort zu gestalten und weiterentwickeln zu dürfen.

Der Vorstoß der CDU hatte zu Unmut bei Grünen und Linken geführt. Bei der Sitzung des Kulturausschusses – vor Ort in der Alten Münze selbst – wurde das dann auch mehrfach deutlich. Was die SPD von alldem hält, war bislang kaum bekannt. Immerhin stammt die Idee für ein Jazzzentrum am Molkenmarkt von einem SPD-Mann, dem einstigen Kulturstaatssekretär Tim Renner.

Zwei Wortmeldungen aus der Ecke der SPD ließen erkennen, dass auch der SPD nicht ganz klar ist, was genau die CDU mit der Alten Münze vorhat. Soll nun das gesamte Areal der Liegenschaft mit einer potenziellen Nutzfläche von 16.500 Quadratmetern von der landeseigenen Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) an die Spreewerkstätten vermietet werden? So habe man das eigentlich nicht verstanden und damit hätte man auch ein Problem, war den Äußerungen seitens der SPD-Abgeordneten zu entnehmen.

Ganzer Kuchen für die Spreewerkstätten

Den Antworten der Senatsfinanzverwaltung auf eine schriftliche Anfrage des Sprechers für Kulturfinanzierung der Grünen-Fraktion und ehemaligen Finanzsenators Daniel Wesener ist freilich zu entnehmen, dass die Spreewerkstätten sehr wohl den ganzen Kuchen bekommen sollen.

In der Anhörung am Montagnachmittag positionierten sich auch die diversen Stakeholder, denen unter Klaus Lederer ein Mitspracherecht versprochen wurde, noch einmal. Felix Richter, Geschäftsführer der Spreewerkstätten, schilderte die „prekäre Situation“, in der man sich befinde, da befristete Mietverträge bislang immer nur alle sechs Monate verlängert würden. Der Plan der CDU sieht nun vor, bis zu 30 Jahre lang an Richter zu vermieten.

Chris Benedict von der Koalition der Freien Szene forderte einen Projektbeirat, in den auch weiterhin andere Akteure als ausschließlich die Spreewerkstätten eingebunden sind. Und Kathrin Pechlof von der Berliner IG Jazz erklärte, für den Jazz hätte die Alte Münze „ein idealer Standort sein können“.

CDU-Kultursenator Joe Chialo, aus dessen Verwaltung es zuletzt hieß, man sehe sich gar nicht mehr zuständig für die Alte Münze, führte als Hauptgrund für die Änderung der einstigen Pläne die „schlimme Lage“ des Berliner Haushalts an. Soll heißen: Geld für Träumereien habe man nicht mehr. Tatsächlich gab die Kulturverwaltung an, die 47 Millionen Euro, die für die Renovierung der Alten Münze nach einem Abgeordnetenhausbeschluss von 2018 bereitgestellt wurden, würden nicht mehr ansatzweise reichen. Inzwischen rechne man mit Kosten von 247 Millionen Euro.

Indirekte Subventionen für Privatwirtschaft

Selbst wenn die Spreewerkstätten mit weniger Geld bei der Renovierung auskommen sollten als die öffentliche Hand – wie Christian Goiny, der Sprecher für Haushalts- und Clubpolitik der CDU-Fraktion, glaubt – stellt sich die Frage, wie das gehen soll, mit 47 Millionen Euro den angeblichen Renovierungsbedarf in Höhe von 247 Millionen Euro zu decken. Können die Spreewerkstätten zaubern?

Die 47 Millionen Euro würde Grünen-Politiker Daniel Wesener nun am liebsten als Sondervermögen bewahren, wie er klar machte. Er jedenfalls stelle sich die Frage, ob mit diesem Geld, das eigentlich für die Kultur vorgesehen war, nicht indirekt vor allem ein privatwirtschaftliches Unternehmen subventioniert würde.

Für dieses privatwirtschaftliche Unternehmen sprachen sich dann noch einmal die CDU-Politiker aus, die maßgeblich die neuen Pläne für die Alte Münze vorangetrieben haben. Robbin Juhnke, der kulturpolitische Sprecher der Unionsfraktion, erklärte, Klaus Lederers Versprechungen seien „nie realistisch“ gewesen.

Christian Goiny wiederum wiederholte die Erzählung, bei einer Verwirklichung von Lederers Vision würde ein Ort der für Berlin immens wichtigen Clubkultur verdrängt. Die Spreewerkstätten seien ein Clubbetrieb, der in der Alten Münze einen sozialen Ort geschaffen habe und nun von der Freien Szene und Oppositionsparteien diskreditiert werde. Außer von der AfD wohlgemerkt, die angab, hinter den neuen CDU-Plänen zu stehen.

(Pseudo-)Protest-Rave vor den Toren

Goiny betonte dabei, nie gesagt zu haben, dass er von einem Zentrum für Jazz in der Alten Münze nichts halte, weil für ihn Berlin keine Jazzstadt sei. Demnach muss der Christian Goiny von der CDU, den der Berliner Kurier vor ein paar Jahren mit diesen Worten zitierte, ein anderer Christian Goiny von der CDU gewesen sein. Die 12,5 Millionen Euro, die der Bund für ein Jazzzentrum in Berlin in Aussicht stellte, seien immerhin nicht verloren, glaubt Kultursenator Joe Chialo. Das Geld würde wahrscheinlich auch bei Planungen an einem anderen Ort abgerufen werden können.

Letztendlich ist der vermeintlich von Verdrängung betroffene wichtige Ort Berliner Clubkultur nicht einmal ein Club: Die Alte Münze verfügt lediglich über eine Clubfläche für Events. Und nur, weil hier die queere Partyreihe „Pornceptual“ gastiert, wird sie noch nicht zu einem Ort der Subkultur, den Spreewerkstätten-Chef Felix Richter in ihr sehen will.

Welch Ausmaße der erklärte Kampf für die Clubkultur inzwischen angenommen hat, konnte man am Montag am Eingang zur Alten Münze erkennen. Dort fand ein (Pseudo-)Protest-Rave statt, bei dem auf Pappschildern etwa „Subkultur in Mitte sichern“ oder „Alte Münze muss bleiben“ stand. Gegen Ende der Sitzung legte sich gar Trockeneisnebel über den Platz und ein paar der Demo-Raver tanzten.

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1 Kommentar

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  • Was für ein Trauerspiel Es ist wie im achtzehnten Brumaire des Louis Bonaparte – nur das es hier einmal wieder die Geschichte der Berliner Clubkultur ist, die sich als Farce ereignet, sobald sie zum Zugpferd des Karrens von Austeritätspolitik und Kapitalverwertung gemacht wird.