Debatte um Lehrerverbeamtung in Berlin: Linke will keine Märchen mehr hören
Die Linke fasst einen Beschluss contra Verbeamtung: Zu teuer und unwirksam gegen den Lehrermangel. In der Koalition könnte das für Streit sorgen.
Die Lehrerverbeamtung droht zum Streitfall innerhalb der rot-rot-grünen Koalition zu werden. Auf ihrer Fraktionsklausur am Wochenende hat die Linke einen Beschluss gefasst, mit dem sie sich scharf gegen eine Wiedereinführung der Verbeamtung stellt. In dem Papier, das der taz vorliegt, heißt es: Es sei, auch mit Blick auf die Erfahrungen in anderen Bundesländern, ein „Mythos“, dass die Verbeamtung den Lehrkräftemangel lösen könne.
Zudem sei die Verbeamtung nur vermeintlich billiger. Zwar spare das Land zunächst die Sozialabgaben für etwa 14.000 tarifbeschäftigte Lehrkräfte. Aber der kurzfristige Spareffekt von rund 266 Millionen Euro, mit dem auch die Finanzverwaltung rechnet, werde von den späteren Pensionslasten der BeamtInnen aufgefressen.
Im Kern geht es bei der ideologisch aufgeladenen Debatte um die Frage: Gibt es einen Zusammenhang zwischen einer Abwanderung von LehrerInnen und der Tatsache, dass Berlin als einziges Bundesland nicht verbeamtet?
Die Bildungsverwaltung hatte im Januar die Zahl von etwa 400 LehrerInnen genannt, die gehen könnten, weil anderswo die Verbeamtung lockt. Allerdings werden die Gründe, warum LehrerInnen kündigen oder nach dem Referendariat lieber woanders arbeiten als in Berlin, nicht erfasst. Dass Berlin nicht verbeamtet könnte also eine Rolle spielen – genauso gut können aber auch andere Gründe (mit) eine Rolle spielen, zum Beispiel dass man der Partnerin hinterher zieht, etc. Man weiß schlicht nicht, warum die Leute gehen.
Dennoch bemühen sich nun sowohl die Gegner wie auch die Befürworter der Verbeamtung, das Fachkräfteargument für ihre Zwecke zu nutzen. Eine Anfrage von Linken-Bildungsexpertin Regina Kittler bei der Schulverwaltung hatte ergeben: der Zulauf aus anderen Bundesländern nach Berlin ist – trotz Verbeamtung anderswo – ungebrochen. Zudem liegt die Quote der Berliner ReferendarInnen, die sich hinterher auch hier in den Schulen bewerben, konstant bei etwa 80 Prozent. Von einer „Berlinflucht“ könne also keine Rede sein, schlussfolgert Kittler.
Die SPD will noch zu einer Linie finden
Allerdings kommen von diesen BewerberInnen 20 Prozent nicht im Schuldienst an. Für Kittler liegt das auch am umständlichen Bewerbungsverfahren mit regionalen Castings. Es fehle an einer zentralen „Clearingstelle“, die auch im Beschlusspapier gefordert wird.
SPD-Bildungspolitikerin Maja Lasić interpretiert die von Kittler erfragten Zahlen indes völlig anders: Dass die Verwaltung sich bei Einstellungen selbst behindert, glaubt sie nicht: „Die wollen jeden einzelnen. Aber die Leute gehen.“ Lasić glaubt: Mithilfe der Verbeamtung kann Berlin beim Lehrermangel umsteuern.
Offiziell haben sich die GenossInnen noch nicht positioniert, wollen aber auf dem Parteitag Ende März eine gemeinsame Linie finden. Tendenziell hört man eher Stimmen pro Verbeamtung. In dem Fall hätte die SPD beide Koalitionspartner gegen sich: Die Grünen seien gegen die Verbeamtung, sagt deren Fraktionschefin Silke Gebel der taz. Nicht zuletzt deshalb: wenn man dem Sozialversicherungssystem eine große Gruppe von überdurchschnittlich Verdienenden entziehe sei das für sie „total unsolidarisch.“
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