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Debatte über Maskenpflicht im ÖPNVDie Politik hat keine Wahl mehr

Bert Schulz
Kommentar von Bert Schulz

Natürlich wären Masken in vollen Berliner U-Bahnen sinnvoll, auch jenseits von Corona. Aber die Zeit der Pflicht ist vorbei, zumindest derzeit.

Inzwischen fast schon die löbliche Ausnahme: maskenpflichtiger U-Bahn-Gast Foto: dpa

J eder Mensch, der auch nur einfache Ansprüche an Hygiene hat, kann beim Betreten einer Berliner U-Bahn, S-Bahn oder eines Busses eigentlich gar nicht anders, als sofort eine FFP2-Maske aufzuziehen. Besonders während der Rushhour und in kälteren Jahreszeiten lacht einem dort ein breite Masse an Viren und Bakterien erwartungsvoll entgegen – man kann sie natürlich nicht sehen zwischen all den dicht gedrängten Menschen, aber irgendwie fühlen. Abgesehen davon glänzt Berlins öffentlicher Nahverkehr in seltenen Fällen durch Sauberkeit. Von daher wäre eine dauerhafte Maskenpflicht im ÖPNV nicht das Unvernünftigste.

Und trotzdem wird der Gebrauch von Masken in der Pandemie von vielen Ber­li­ne­r*in­nen oft nicht als hilfreich, sondern als lästig oder gar als Einschränkung der individuellen Freiheit angesehen – das hat sich in den fast drei Jahren, die Corona nun mehr oder weniger den Alltag dominiert, nicht verändert. Entsprechend dramatisch muss die Bedrohung durch das Virus empfunden werden, damit sich überhaupt ein großer Teil der ÖPNV-Nutzer*innen an die Maskenpflicht hält. Schon einige Wochen ist das nicht mehr der Fall. Daher ist der Vorstoß des Berliner Senats, diese Vorschrift im kommenden Monat auslaufen zu lassen, nicht nur vernünftig, sondern überfällig.

Denn zum einen sind selbst laut Coronapessimisten wie Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) aktuell keine gefährlicheren Virusvarianten zu erwarten – was ihn selbst überrascht habe, wie Lauterbach vergangenen Freitag bei einem Charitébesuch erklärte. Zum anderen sinkt die Zahl jener, die sich in Trams, Bussen und Bahnen an die Pflicht hält, stetig – in manchen Zügen sind FFP2-Maskenträger*innen längst die klare Minderheit.

Ende der Maskenpflicht?

In Berlin und Brandenburg könnte Mitte Februar die Maskenpflicht in Bussen und Bahnen des Nahverkehrs wegfallen – das schlagen beide Länder vor. Das Brandenburger Kabinett habe am Dienstag vereinbart, die Corona-Verordnung voraussichtlich am kommenden Dienstag (10. Januar) zu verlängern und darin ein Datum für das Ende der Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr festzulegen, sagte Regierungssprecher Florian Engels. Berlins Senatssprecherin Lisa Frerichs bestätigte die Vorgespräche mit dem Nachbarland. Geplant sei, die geltende Infektionsschutzverordnung zunächst bis Mitte Februar zu verlängern – danach aber nicht mehr. (taz)

In Brandenburg sträuben sich die Grünen noch

Und weil BVG und S-Bahn offenbar nicht in der Lage sind, die Pflicht effektiv durchzusetzen, etwa durch massive Verstärkung von Kontrollen, muss sie eben fallen. Die Politik hat – auch wenn sich etwa in Brandenburg die grüne Gesundheitsministerin noch dagegen sträubt – keine Wahl mehr.

Am Ende dieser Pandemie darf je­de*r selbst entscheiden, ob der Griff zur Maske einen Vorteil bietet. Zu wünschen wäre allerdings, dass BVG und S-Bahn dafür sorgen, dass sich die Busse und Bahnen zumindest weniger schmuddelig anfühlen als jetzt.

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Bert Schulz
Ex-Leiter taz.Berlin
Jahrgang 1974, war bis Juni 2023 Leiter der Berlin-Redaktion der taz. Zuvor war er viele Jahre Chef vom Dienst in dieser Redaktion. Er lebt seit 1998 in Berlin und hat Politikwissenschaft an der Freien Universität studiert.
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2 Kommentare

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  • "....Besonders während der Rushhour und in kälteren Jahreszeiten lacht einem dort ein breite Masse an Viren und Bakterien erwartungsvoll entgegen... "

    Und Einmalhandschuhe anziehen. Haben Sie sich mal daran gedacht, ob und wie gründlich die Person neben / vor oder hinter ihnen, die gerade vor Ihnen die Haltestange angefasst hat, Hände gewaschen hat, nach dem Toilettengang?



    Wenn ich an Nagelpilz, Hautpilze oder einfach nur an Schmierinfektionen denke... ziehe ich mir in öffentlichen Verkehrsmitteln sofort die Einmalhandschuhe an.

    Sinnvoll ist das. Oder?

    Also Maske und Einmalhandschuhe. Von meinen Partnerinnen muss ich das natürlich auch erwarten. Natürlich.

  • Das rechtliche Problem der Maskenpflicht im Herbst war, dass die Pflicht im Zusammenhang mit Sars-CoV2 beschlossen wurde, eine entsprechende Bedrohung durch Sars-CoV2 aber schon lange nicht mehr vorhanden ist.

    Trotzdem kann man die Maskenpflicht vom Herbst nochmal als sinnvoll ansehen, da es die große "Rückschwingwelle" von Influenza, RSV und wie unsere "Standard-Viren" alle heißen gegeben hat, die nach 2 Jahren ohne merkliche Verbreitung auf nur noch geringe bis keine Antikörper mehr traf und daher mehr und schwerere Verläufe verursacht hat, die wiederum eine starke Last auf das Gesundheitssystem verursacht haben.

    Jetzt ist allerdings auch dieser Zustand rückläufig und damit fällt der letzte sinnhafte Grund eine temporäre Maskenpflicht weiter aufrecht zu erhalten. Rechtlich gab es den aufgrund der Ausrichtung auf Sars-CoV2 eigentlich schon lange nicht mehr.