Datenschutz bei sexualisierter Gewalt: Den Fahndern eine Chance
Auf der Jagd nach Missbrauchstäter:innen wären Privatdaten für die Polizei hilfreich. Wenn überhaupt, ist der Zugriff jedoch nur kurze Zeit möglich.
D er Datenschutz hebelt den Kinderschutz aus. Klingt brutal, ist aber so. Auch wenn Datenschützer:innen das anders sehen und gewichtige Argumente dafür vorbringen können, warum der Datenschutz trotz aller Dimensionen und Härte bei Themen wie sexualisierter Gewalt gegen Kinder gewahrt bleiben muss.
Grundsätzlich haben Datenschützer:innen recht: Wer den Schutz der digitalen Privatsphäre aufhebt, beschneidet die informationelle Selbstbestimmung von Menschen. Auch ist dem Missbrauch beim Umgang mit Daten ohne deren Schutz Tür und Tor geöffnet. Doch es gibt ein Aber: der Kinderschutz. Missbrauch liegt nicht erst vor, wenn Täter wie im Missbrauchsfall in Wermelskirchen oder in einem weiteren am Dienstag bekannt gewordenen Fall in Aachen auf Kinder direkten Zugriff haben.
Missbrauch liegt selbstverständlich auch vor, wenn Täter Bilder, Fotos, Filme mit „Missbrauchsmaterial“ teilen, sammeln, kaufen, verkaufen. Internet und Darknet sind voll davon. Ermittlungsbehörden in Deutschland bekommen häufig aus den USA Hinweise zu Datenmengen. Aber der Datenschutz hierzulande verhindert, dass Daten länger als ein paar Tage gespeichert werden dürfen.
Bis die Ermittler:innen hier die Information bekommen, sie gefiltert und auf Relevanz geprüft haben, ist die Zeit verstrichen – und die Täter in Sicherheit. Die Vorratsdatenspeicherung, die Behörden mit mehr Befugnissen ausstatten würde, steht in der Kritik, weil sie flächendeckendes Sammeln von Telefon- und Internetdaten erlaubt – von allen Bürger:innen, auch von solchen, die unter keinem Verdacht stehen. Das will verständlicherweise niemand.
Auch wenn die meisten Menschen selbst einen unbedarften Umgang mit ihren Daten pflegen und Standorte, Kontakte, Erlebnisse twittern, auf Facebook, Instagram oder Google veröffentlichen. Das ist ihre Entscheidung, und das macht den Unterschied. Nur: Zum Schutz der Kinder sind wir gefragt, den Fahndern eine Chance und mehr Handlungsfreiheit einzuräumen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Müntefering und die K-Frage bei der SPD
Pistorius statt Scholz!
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Rentner beleidigt Habeck
Beleidigung hat Grenzen