Datenschutz am Arbeitsplatz: Nicht so dringend

Gewerkschaften und Arbeitgeber waren mit dem Entwurf für ein Gesetz über Arbeitnehmer-Datenschutz unzufrieden. Jetzt wurde die Abstimmung verschoben.

Auch der Nikolaus hat ein Recht auf Privatsphäre bei der Arbeit. Bild: dapd

FREIBURG taz | Der Versuch, den Datenschutz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gesetzlich zu regeln, ist überraschend vorerst gescheitert. Eigentlich sollte der Gesetzentwurf der Bundesregierung an diesem Freitag im Bundestag beschlossen werden. Am Dienstag jedoch hat die schwarz-gelbe Koalition die Abstimmung auf unbestimmte Zeit verschoben. Die Gewerkschaften jubeln, und die Arbeitgeber reiben sich vor Genugtuung die Hände.

Lange Zeit gab es im Bundesdatenschutzgesetz keine speziellen Regelungen für den Datenschutz im Betrieb. Rechtliche Vorgaben fanden sich nur in verstreuten Gerichtsurteilen. Als sich in den letzten Jahren jedoch die Fälle skandalöser Bespitzelung von Arbeitnehmern häuften, wurde die Forderung populär, endlich ein Gesetz über den Beschäftigten-Datenschutz zu schaffen.

Unter der schwarz-roten Koalition reichte es im Jahr 2009 dann aber nur zu einer Generalklausel im Bundesdatenschutzgesetz. Ein detaillierter Gesetzentwurf des damaligen Arbeitsministers Olaf Scholz (SPD) kam zu spät.

Einen weiteren Anlauf unternahm 2010 der neue Innenminister Thomas de Maizière (CDU), der einen umfassenden Gesetzentwurf vorlegte. Darin ist geregelt, welche Daten ein Unternehmen im Bewerbungsverfahren, während des Arbeitsverhältnisses, zur Aufdeckung von Straftaten und zur Sicherung von Arbeitsabläufen sammeln darf. Datenschützerisches Highlight war das Verbot heimlicher Videoüberwachung am Arbeitsplatz.

Opposition überrumpelt

Sein Nachfolger Hans-Peter Friedrich (CSU) ließ das ambitionierte Projekt allerdings erst einmal liegen. Umso größer war die Überraschung, als Anfang dieses Jahres die Koalitionsfraktionen sich auf eine gemeinsame Linie einigten, einen zwölfseitigen Änderungsantrag zu de Maizières Gesetzentwurf einbrachten und schließlich eine kurzfristige Beschlussfassung im Bundestag planten.

Was als Beleg schwarz-gelber Handlungsfähigkeit gelten sollte, ging aber nach hinten los. Die Opposition sah sich überrumpelt. Die Gewerkschaften fanden die geplanten Regelungen zu unbestimmt und kritisierten, dass damit „George Orwell am Arbeitsplatz“ erlaubt werde – schließlich könnten die Mitarbeiter von Call-Centern ständig bei der Arbeit belauscht werden.

Videoüberwachung sei sogar häufiger möglich, wenn sie nur angekündigt werde. Den Arbeitgebern ging der Gesetzentwurf dagegen zu weit. Sie wollten, dass sich die Unternehmen in Betriebsvereinbarungen mit ihrem Betriebsrat auch auf niedrigere Datenschutz-Standards einigen können.

Union vor Zerreißprobe

Angesichts des Proteststurms war eine erste Beratung im Innenausschuss des Bundestags Mitte Januar abgesagt worden. Vor allem die Unionsfraktion stand vor einer Zerreißprobe. Ihr Arbeitnehmerflügel forderte eine Verschärfung des Gesetzes – ihr Wirtschaftsflügel eine Deregulierung.

An diesem Dienstag fand nun ein Datenschutz-Krisengespräch der Koalition statt, an dessen Ende nur eine weitere Verschiebung verkündet werden konnte. „Angesichts der Bedeutung des Vorhabens für den betrieblichen Frieden erscheint es uns richtig, wenn wir nun versuchen, die Meinungsverschiedenheiten in weiteren Gesprächen abzubauen“, sagte Unionsfraktionsvize Günter Krings.

Derzeit ist völlig offen, ob ein neuer Anlauf in dieser Wahlperiode unternommen wird. Der DGB wertete den Rückzieher als Erfolg. Er hatte in einer Onlinepetition 30.000 Unterschriften gesammelt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.