Datenschutz-Kommission zur NSA: Kein Nutzen, nur Schaden
Eine Kommission der US-Regierung hat die Praxis der Überwachung durch den Geheimdienst NSA scharf kritisiert. Folgen dürfte dies keine haben.
WASHINGTON taz | „Illegal“, eine „ernsthafte Bedrohung für Privatsphäre und Bürgerrechte“ und „weitgehend nutzlos“. So beschreibt die für Datenschutz zuständige Kommission der US-Regierung die unspezifische und massenhafte Telefonüberwachung durch den Geheimdienst NSA.
In einem am Donnerstag in Washington vorgelegten 234 Seiten langen Bericht verlangt die mit JuristInnen besetzte Kommission einen Stop der Meta-Datensammlung der NSA in den USA. Damit kritisiert die 2007 eingerichtete Kommission zugleich die kosmetischen Reformen der NSA-Arbeit, die US-Präsident Barack Obama in der vergangenen Woche angekündigt hat.
„Wenn wir zu weit gehen, haben die Terroristen gewonnen“, sagte David Medina, Vorsitzender des „Civil Liberties Oversight Board“, am Donnerstag Abend. Von den fünf Mitgliedern seiner Kommission fordern drei die Beendigung der Erfassung und Speicherung der „Meta-Daten“ in den USA.
Die Kommission hat zwar keinen „absichtlichen Missbrauch“ der Daten durch die Regierung festgestellt. Aber Medina weist in die Vergangenheit – u.a. auf den Watergate-Skandal – um zu begründen, dass nicht ausgeschlossen werden kann, dass eine US-Regierung die ihr vorliegenden schier unbegrenzten Daten zum Schaden der eigenen Bürger nutzen könnte. Neben dem Potenzial zur „Invasion des Privatlebens“, sieht Medina unter anderem Gefahren für die in der Verfassung garantierte Rede-, Versammlungs- und Pressefreiheit.
Nur ein Fall der Terrorismusabwehr
Bei der Suche nach Erfolgen der NSA-Ausspähung ist die Regierungskommission in den zurückliegenden sieben Jahren auf nur einen einzigen Fall gestoßen, in dem die Meta-Daten möglicherweise bei einer Terrorismusfahndung hilfreich waren. Die Ermittler hätten jenen Verdächtigen, so die Kommission, allerdings auch ohne das NSA-Programm gefunden.
Zwei Kommissionsmitglieder, beide sind Anwältinnen, die unter Präsident George W. Bush im Justizministerium gearbeitet haben, stimmten gegen die Mehrheit der Kommission. Sie wollen, genau wie Präsident Obama, an dem Prinzip der systematischen Abschöpfung von Telefondaten festhalten.
Am vergangenen Freitag hat Obama in einer ebenso erwarteten wie enttäuschenden Rede erklärt, dass er an der Massenerfassung von Telefondaten – wenngleich unter stärkerer Einbindung von Richtern – festhalten will. Im Unterschied zur bisherigen Praxis plädiert er lediglich dafür, dass die täglich mehreren Milliarden Daten, die die NSA über elektronische Kommunikationen einsammelt, künftig von einer unabhängigen - privaten - Stelle gelagert werden. Bei Bedarf soll die NSA sie dort abrufen können.
Die Regierungs-Kommission kann nur Empfehlungen aussprechen. Im Weißen Haus machte Sprecher Jay Carney den Dissens zu der Kommission umgehend deutlich: „Wir sind mit der Analyse der Legalität des Programms nicht einverstanden“.
Holder zu Gesprächen mit Snowden bereit
Der Mann, der die weltweite Debatte über die Praktiken der NSA und befreundeter Geheimdienste mit seinen Enthüllungen aus dem Innenleben der NSA angestoßen hat, kommentierte die Rede des US-Präsidenten und den Bericht der US-Regierungskommission aus seinem temporären Asyl in Russland. Edward Snowden erklärte am Donnerstag in einem öffentlichen Online Chat: „nicht jede Spionage ist schlecht“. Als das größte Problem bezeichnete er „die Technik der Massenüberwachung, bei der Regierungen täglich Milliarden von Daten über die Kommunikation Unschuldiger sammeln“.
Als Kronzeugen führte Snowden Obama an: „Selbst der Präsident stimmt jetzt zu, dass die Überwachungsprogramme zu weit gehen“, sagte Snowden. Zugleich kritisierte er den Präsidenten, weil der mit seinen Geheimdienstreformideen nicht weit genug gehe.
Unterdessen erklärte US-Justizminister Eric Holder, er sei zu Gesprächen mit Snowden bereit. Allerdings müsse dieser sich dafür der US-Justiz stellen. „Es wäre zwar die beste Lösung für die Regierung, die Öffentlichkeit und für mich“, sagte er, aber so lange das Anti-Spionage Gesetz von 1917 gegen Whistleblower wie ihn angewandet werde, sei das „leider unmöglich“.
Snowden selbst lehnte in dem Online-Chat eine Rückkehr zum gegenwärtigen Zeitpunkt in die USA ab.
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