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Das wollen Klima-Aktivist*innenSchluss mit Gas, mehr Schutz fürs Klima

Fridays for Future stellt Forderungen an neue Bundesregierung. Doch deren jüngste Entscheidungen legen eher das Gegenteil von mehr Klimaschutz nahe.

Fordert mehr Klimaschutz von der neuen Regierung: Fridays-for-Future-Sprecherin Carla Reemtsma Foto: Stefan Boness/ipon

Berlin taz | Unter dem Motto „Welt brennt, Zeit rennt“ hat die Protestbewegung „Fridays for Future“ am Freitagmorgen ihre Klimaschutz-Forderungen an die neue Bundesregierung vorgestellt. Man plane, das Klimakonzept der Unions- und SPD-Regierung in den kommenden 100 Tagen verstärkt in den Fokus zu nehmen, verkündete die Umweltschutzbewegung.

In den ersten drei Monaten seiner Amtszeit solle das Kabinett unter Bundeskanzler Merz nun beweisen, dass es „der physikalischen, sozialen und wirtschaftlichen Realität“ der Klimakrise gewachsen sei. Drei konkrete Forderungen teilte die Protestbewegung dazu auf der Online-Plattform Instagram: Eine Stärkung des Klimaschutzgesetzes, Sofortmaßnahmen für den Verkehrs- und Gebäudesektor und einen umgehenden Gasausstiegsplan.

Gerade letzteres scheint eher konträr zu den Vorhaben von Union und SPD: Während Franziska Wild von Fridays for Future Bayern der Regierung einen „schieren Gasrausch“ attestiert, setzt Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) auf den fossilen Ausbau. Ebenfalls am Freitag verkündete Reiche, in der kommenden Legislaturperiode auf den Ausbau von Gaskraftwerken zu setzen. Mindestens 20 neue Gigawatt Gaskraftwerke müssten in naher Zukunft ausgeschrieben werden, so die Ministerin beim Ludwig-Erhard-Gipfel am Tegernsee.

Fridays for Future fordert dagegen von Kanzler Merz (CDU) „einen […] verbindlichen Plan“ zur Emissionssenkung in Deutschland. Der heißeste je gemessene Start ins Jahr sei neben Wasserknappheit und brennenden Wäldern ein deutlicher Verweis auf Deutschlands Pflicht, seine Emissionen konsequent zu senken. „Das Wissen[…] ist da. Was fehlt, ist der politische Wille“, sagte Fridays for Future Sprecherin Carla Reemtsma.

„Merz Kennlernphase mit der Klimakrise“

Klimaschutzaktivistin Luisa Neubauer schloss sich den Forderungsbekundungen an. Zusammen mit Fridays for Future wolle sie „Merz Kennlernphase mit der Klimakrise“ nicht dem Zufall überlassen und im Zuge des Amtsantrittes ihre Forderungen eindringlich präsentieren.

Die Regierung, an die die Umweltschützer appellieren, hatte als eine der ersten Amtshandlungen die Position der Klimabeauftragten ersatzlos gestrichen. Als eine von 25 Auflösungen folgte die Absetzung unmittelbar auf die erste schwarz-rote Kabinettssitzung. Jan Kowalzig, Klimaexperte von Oxfam, bewertete diese Entscheidung als „genau das falsche Signal“. Die Aufstellung der Sonderbeauftragten habe Deutschlands Reputation als Partner im Kampf gegen die Klimakrise spürbar gestärkt, so Kowalzig gegenüber dem Wissenschaftsmagazin Spektrum.

Auch Greenpeace und die Deutsche Umwelthilfe hatten zuvor den Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD kritisiert. Das Heizungsgesetz der Ampelregierung, das im Wohnsektor schrittweise auf erneuerbare Energien setzen sollte, würde nun wieder zugunsten fossiler Brennstoffe aufgeweicht. Hier fordert Fridays for Future ebenfalls eine sozial gerechte Überarbeitung.

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6 Kommentare

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  • Den Grund des "Gasrausches" hat Reiche am Tegernsee schon genannt: Der Wiedereinstieg in die Kernenergie ist der Regierung zu mühsam, und so bleibt nur der Neubau fossiler Kraftwerke. Dieser Zusammenhang ist unangenehm für FFF, sie können nur kritisieren aber trauen sich nicht, ehrlich über den fossilen Ausstieg zu reden.

  • Drill baby drill jetzt auch von Borkum bis Oberbayern sollte es heißen.

  • Danke für den Beitrag.

  • Tatsächlich ist Erdgas bei dem heutigen technischen Stand



    eine der "Säulen" für eine massive Reduktion von Klimagas-Emissionen.

    Eine Handvoll Kennzahlen zeigen warum:

    Emissionen pro Brennwert:

    Erdgas: 200g CO2 /kWh (direkt)



    Öl: 270g CO2 /kWh (direkt)



    Kohle: 400g CO2 /kWh (direkt - ggf. auch 10% weinger)



    Koks: 600g CO2/kWh (verkohkung mitgerechnet)

    Direkte Emissionen pro kWh Strom fossiler Kraftwerke



    330g CO2 /kWh (GUD-Erdgas neu)



    800g CO2 /kWh (Steinkohle neu)



    1100g CO2 /kWh (Braunkohle alt)

    Die Emissionen kommen aus folgenden Sektoren:



    (Angaben gerundet)



    Stromerzeugung: 35%



    Industrie: 20%



    Verkehr: 20%



    GebäudeSektor: 15% (Gewerbe und Büros eingeschlossen)



    Landwirtschaft 10%

    Wir wollen:

    Wir wollen möglichst viel "direkte" Brennstoff-Nutzung durch Strom ersetzten, in Verkehr, Industrie und Gebäudessektor

    Wir benötigen somit bald ein MEHRFACHES an Strom

    Wir können Erneuberbare Stand heute nicht weit über 50% ausbauen -- Perspektivisch kaum über 75%.

    Fazit:



    Nur mit mehr Erdgas erreichen wir mehr Strom und einen Kohleausstieg -- ohne Kohleausstieg erreichen wir keine Klimaziele

  • Herr Habeck hat vor 6 Monaten den Plan für den Bau von neuen Gaskraftwerken vorgelegt, Frau Reiche führt diesen Plan nur weiter.

    www.tagesspiegel.d...-vor-12355361.html

  • Die Gaskraftwerke werden doch gebraucht, für die Wärmepumpen im Winter. Das war doch sogar Habeck klar.