Das Framing-Handbuch der ARD: Keine Empfehlungen
Die ARD hat für ihr Framing-Manual sehr viel Kritik geerntet. Nun hat sich Elisabeth Wehling, die Verfasserin des Handbuchs, zu Wort gemeldet.
Im Streit um das Framing-Gutachten der ARD, hat sich dessen Verfasserin mit einer Klarstellung gemeldet. Die Sprachwissenschaftlerin Elisabeth Wehling schreibt auf ihrer Webseite, dass sie in dem zwei Jahre alten Gutachten im Auftrag des MDR die Kommunikation der ARD als Institution habe analysieren sollen. Auf Basis der wissenschaftlichen Erfahrung habe sie aufzeigen sollen, welche Alternativen zu welchen Worten mit welchen Bedeutungsinhalten besetzt sind.
„Denn: Sprache schafft Bewusstsein.“ Die Begrifflichkeiten, die sich in dem Gutachten finden, seien „keineswegs als Empfehlung anzusehen“. Vielmehr sei das Dokument als interne Arbeits- und Diskussionsgrundlage verfasst.
In der vergangenen Woche war publik geworden, dass die ARD bei der Sprachwissenschaftlerin Wehling ein Gutachten zum Framing der ARD in Auftrag gegeben hatte. Mit dem Begriff Frame bezeichnen Wissenschaftler den Deutungsrahmen, der mit jedem Wort mitschwingt. Die Konzepte des Framings sind gerade in den vergangenen Jahren viel diskutiert worden: Welche Assoziationen weckt das Wort Flüchtlingswelle? Welche die Begriffe Asyltourismus und Abschiebeindustrie?
Auch die ARD wollte wissen, welche Deutungsrahmen sie bei ihren Zuschauer- und ZuhörerInnen anspricht und hat das von Elisabeth Wehling untersuchen lassen. Wehling hat das Konzept des Framings zwar nicht erfunden, es aber mit neurowissenschaftlichen Erkenntnissen kombiniert. Dafür saß sie in vielen Talkshows und Zeitungsredaktionen.
Die „Bild“ bewertet das Papier als Umerziehungsmaßnahme
Die ARD hielt das Gutachten unter Verschluss, angeblich aus urheberrechtlichen Gründen. Dennoch begannen in der vergangenen Woche heftige Diskussionen um das Papier. Die Bild-Zeitung schrieb: „So will die ARD uns umerziehen“, die Welt sah in dem Papier den „Versuch, den freien Markt zu verleumden“. Vor allem rechte Blogger und Kommentatoren bezeichneten es als Anleitung zur sprachlichen Manipulation, quasi eine Handreichung der Sprachpolizei, Geldverschwendung.
Netzpolitik.org veröffentlichte das Papier am Montag. Da es mit öffentlichen Geldern finanziert sei, müsse es der Öffentlichkeit zugänglich sein, argumentieren die Netzpolitik-Autoren Markus Beckedahl und Leonhard Dobusch.
„Framing-Manual“ steht darüber und wer sich durch die 89 Seiten liest, findet in erster Linie viel Lobhudelei für die ARD: was sie ist, was sie kann, was sie leistet. Ein großer Teil des Handbuchs beschäftigt sich mit der Frage, wie die ARD das auch ihren Zuschauer- und ZuhörerInnen klar machen kann. Wehlings Tipp: Die richtigen Frames ansprechen.
In Schaubildern und mit konkreten Kommunikationsvorschlägen versucht sie das zu verdeutlichen: Nicht vom „öffentlich-rechtlichen Rundfunk“ reden, lieber vom „gemeinsamen, freien Rundfunk ARD“. Die ARD nicht „Programmanbieter“ nennen, das klinge zu sehr nach Supermarkt. Lieber vom „gemeinsam ermöglichten Rundfunk der Bürger“ sprechen. Begriffe wie „föderal“ vermeiden, versteht eh keiner. Statt „solidarisch“ lieber von „Hand in Hand“ sprechen. Das Wort „Beitragseinnahmen“ ersetzen durch die Formulierung, die ARD verwalte „das Rundfunkkapital der Bürger“. Nicht von „Reform der ARD“ sprechen, sondern von der „Verantwortung, die mediale Infrastruktur stets so zu gestalten, dass sie den Bedürfnissen der Bürger gerecht wird“. Dahinter solle die Idee der ARD stehen „Wir sind ihr“.
Neues Framing auf Plakaten
Solche Frames solle die ARD nicht nur im persönlichen Gespräch nutzen, sondern auch durch Plakatkampagnen und Werbespots im TV oder Radio transportieren, um „Geschichten zu erzählen, die ihrer moralischen Perspektive treu sind“. Wichtig sei dabei, nicht die Frames der Gegner – „Lügenpresse“, „Zwangsgebühren“, „Steigbügelhalter der Politik“ – aufzugreifen, sondern neue Frames dagegen zu setzen.
Härter werden Wehlings Empfehlungen, wenn es um die privaten Rundfunksender gehe. Sie könnten als „profitwirtschaftliche Sender“, „profitorientierte/maximierende Sender“ oder „medienkapitalistische Heuschrecken“ geframt werden.
Gerade dafür bekam die ARD viel Kritik. Die Generalsekretärin der ARD, Susanne Pfab, wies diese Begriffe in einer Stellungnahme zurück. Sie habe noch nie gehört, dass ein ARD-Vertreter so gesprochen habe. Sie hielte das auch für unpassend. Pfab stellte klar, dass das Handbuch weder eine neue Kommunikationsstrategie noch eine Sprach- oder gar Handlungsanweisung an die Mitarbeitenden sei. Vielmehr solle es eine Diskussionsgrundlage darstellen und Denkanstöße geben.
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