piwik no script img

Dänischer JournalistenpreisDänemark bald ohne Victor

„Årets Victor“ ist in Dänemark ein angesehener Medienpreis. Wegen Vorwürfen gegen den Namensgeber wird es ihn künftig nicht mehr geben.

Victor Andreasen mit seiner Frau, der Schriftstellerin Tove Ditlevsen, im Jahr 1971 Foto: Per Pejstrup/picture alliance

Stockholm taz | „Årets Victor“, einen der angesehensten dänischen Medienpreise, wird es nicht mehr geben. „Neue Informationen disqualifizieren eine Auszeichnung in seinem Namen“, teilte Knud Brix, der Chefredakteur der Kopenhagener Tageszeitung Ekstra Bladet am Montag mit. „Sein Name“: Das ist der von Victor Andreasen, der zwischen 1963 und 1976 als Chefredakteur den Journalismus von Ekstra Bladet prägte.

„Wir halten es nicht länger für angemessen, einen Preis nach Victor Andreasen zu benennen“, begründete Brix den Schritt. Gegen den 2000 verstorbenen und mit der Schriftstellerin Tove Ditlevsen verheirateten Andreasen gibt es neue Anschuldigungen wegen sexuellen Missbrauchs. Erhoben werden sie in dem kürzlich erschienenem Buch „Tove Ditlevsen war meine Großmutter“, das von Ditlevsens Enkelin Lise Munk Thygesen verfasst wurde. Ihre Großmutter hatte sie durch Suizid verloren, im Nachlass ihrer Mutter Helle Munk hatte sie einen Ordner mit dem Titel „Hemmeligheder“ („Geheimnisse“) gefunden, auf dessen Inhalt sich das Buch gründet. Dieser deutet darauf hin, dass Andreasen sexuelle Übergriffe an seiner Stieftochter, Ditlevsens Tochter Helle Munk, begangen hat.

Kombiniere man bisher schon Bekanntes mit den neuen Informationen, gebe es keinen Grund, an der Darstellung von Lise Munk zu zweifeln, sagt Brix. Weiterhin einen Preis in Andreasens Namen zu verleihen, verbiete sich nicht zuletzt deshalb, weil diese Auszeichnung explizit „für Offenheit, Aufklärung, kritische und korrekte Arbeit und Enthüllungsjournalismus verliehen wird“.

Mit „Årets Victor“ waren seit 1980 jährlich JournalistInnen, SchriftstellerInnen, FotografInnen oder CartoonistInnen geehrt worden, die laut Preisbegründung „im frechen und anarchistischen Geist arbeiten“, der auch den Journalismus von Ekstra Bladet prägte. Unter anderem hatte ihn 2015 die französische Wochenzeitung Charlie Hebdo nach dem Terroranschlag auf deren Redaktion erhalten.

Der Preis besteht aus einer Preissumme und einem Pflasterstein, der den Namen des Geehrten trägt. Diesjährige und damit letzte Preisträger waren die beiden dänischen Journalisten Emil Filtenborg und Stefan Weichert, die bei einer Reportage in der Ostukraine verletzt worden waren, nach einem Krankenhausaufenthalt aber laut Preisbegründung „ihre Arbeit mit herausragenden Reportagen und einmaligen Frontberichten“ fortgesetzt hatten.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!