piwik no script img

DFL-Vereine stimmen für InvestorMehrheit für mehr Geld

Mit der denkbar knappsten Stimmenzahl entscheiden sich die Vereine der Deutschen Fußball Liga für den höchst umstrittenen Einstieg eines Investors.

Fanprotest gegen den Investorendeal bei Borussia Dortmund am Wochenende Foto: Wolfgang Rattay/reuters

Die Ungewissheit vor der Abstimmung war immens groß. Viele Vereine wollten nicht Farbe bekennen. So sprachen sich im Vorfeld nur 15 der 36 Vereine der Deutschen Fußball Liga für den geplanten Deal mit einem Investor aus. Etliche Klubvertretungen hielten sich bedeckt, wie sie sich am Montag auf der DFL-Versammlung in Frankfurt entscheiden würden.

Neun Stimmen fehlten also noch zur nötigen Zweidrittelmehrheit. Und genau diese neun Stimmen, nicht eine mehr, kamen noch hinzu. 24 Vereine votierten letztlich für die Zusammenarbeit mit einem Investor, zehn stimmten dagegen, zwei enthielten sich. Es war eine denkbar knappe Angelegenheit. Die Wahl wurde in geheimer Abstimmung abgehalten.

Mit etwa einer Milliarde Euro kann die DFL nun planen. Mit dem Investorengeld soll die Digitalisierung und Vermarktung der Bundesliga und der Zweiten Liga vorangetrieben werden und dadurch wiederum die Einnahmen erhöht werden. Vom Aufbau einer eigenen Strea­mingplattform war beispielsweise die Rede. Im Gegenzug soll der Investor rund acht Prozent der Einnahmen aus den Erlösen der Vermarktungsrechte erhalten. Die Laufzeit der Zusammenarbeit wird maximal 20 Jahre betragen. Zum Beginn der Saison 2024/25 soll der Deal unterzeichnet sein.

In den letzten Wochen hat die anstehende Entscheidung vor allem die organisierte Fanszene emotionalisiert. Auch am zurückliegenden Wochenende brachten sie in vielen Stadien auf Spruchbändern ihren Protest zum Ausdruck. Sie kritisieren die mangelhafte Transparenz der DFL in der Vorbereitung auf die Abstimmung und die fehlende Teilhabe der Vereinsmitglieder.

Protest vor dem Hotel

Das Fanbündnis „Unsere Kurve“ bemängelte in einem Statement am Montag „Zeitmangel und Kurzfristigkeit“, die den „Druck auf die Abstimmenden künstlich massiv erhöht“ habe. Protest gab es am Montag auch von der Bewegung „Finanzwende“ vor dem Sitzungshotel Sheraton am Frankfurter Flughafen. „Unsere Grundkritik sind die Private-Equity-Unternehmen“, betonte Jorim Gerrard, Finanzwende-Experte für Private Equity, beim SID. Bei so einer Partnerschaft geht es um Wachstum um jeden Preis.

Der Druck auf die Entscheider hätte kaum größer sein können. Kurz vor knapp hatte noch Leverkusens Geschäftsführer Fer­nando Carro im Fall eines Scheiterns dem Lager der Opponenten, das vor allem in der Zweiten Liga vermutet wurde, gedroht, Grundsätzliches stünde auf dem Spiel. Dann müsse die Frage gestellt werden: „Kann das in dieser Form gemeinsam weitergehen?“ Die Vertreter der Zweitliagklubs hatten am Montag offenkundig nur die Wahl, zwischen zwei Übeln entscheiden zu können. Entweder sie riskierten, dass die erfolgreichen Vereine ihnen ihre Solidarität komplett aufkündigten, oder sie stimmten einem Deal zu, der die Kluft zwischen reichen und armen Vereinen vermutlich eher ein Stück weiter vergrößern wird.

Bereits im Mai gab es einen ersten Versuch, mit einer Zweidrittelmehrheit der Vereine einen Investorendeal einzufädeln. Damals ging es gar um ein Finanzvolumen von zwei Milliarden Euro und um 12,5 Prozent der Anteile für den Investor. Das Vorhaben scheiterte allerdings, weil sich nur 20 DFL-Klubs dafür aussprachen.

Nun soll es vier bis sechs interessierte Private-Equity-Unternehmen, also Kapitalbeteiligungsgesellschaften, geben, die an einer Zusammenarbeit mit der DFL interessiert sind.

Die DFL-Geschäftsführer Marc Lenz und Steffen Merkel haben jetzt den Auftrag, mit diesen in Verhandlungen zu treten. Vor der Entscheidung am Montag haben die beiden die Skeptiker des Finanzierungsmodells zu beruhigen versucht. Man habe rote Linien für die Zusammenarbeit gezogen. Der künftige Partner werde beispielsweise in Bezug auf Anstoßzeiten, den Wettbewerbsmodus, Spielverlegungen ins Ausland oder in anderen sportlichen Fragen kein Mitspracherecht haben.

Das Fanbündnis „Unsere Kurve“ hat den beschlossenen Investoreneinstieg bei der Deutschen Fußball Liga kritisiert. „Die wohlfeilen Worte der DFL in der Coronapause haben sich endgültig in Luft aufgelöst. Geld steht über allem“, heißt es in einer Erklärung der Organisation. „Die Einzigartigkeit des deutschen Fußballs wird für ein aussichtsloses Rattenrennen mit der Premier League über Bord geworfen.“ (mit dpa)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Es war doch klar das sich die Liga auf Strecke irgendwann auf diesen Weg begibt. Die wirtschaftlichen Interessen sind einfach zu groß. Das große Geld lockt. Sozialromantik ist gestern und war eigentlich nie. Viele lügen sich da auch in ihre eigene Tasche. Es gibt Vereine die einen guten Weg gefunden haben. Das ist aber die Ausnahme.



    Vielleicht sollte man von oben beginnen. Aber die FIFA als Vorbild, steuerfrei und mit ihrem in Katar ansässigen, unantastbaren Infantilo, verweisen diese Vorstellung in das Reich der Phantasie.

    Leider ist die Entscheidung viel zu intransparent. Mich hätte schon interessiert welche Leckerlies die "Großen" dem ein oder anderen Vorstand kleinerer Vereine so mit auf den Weg gegeben haben. Da ist von Handgeld bis Kooperationsvertrag so alles denkbar.

    Isja schließlich Fußball.

  • Das aktuelle Presseecho ist schön bunt. Da aber hier auch potenzielle und im Markt sehr potente Investoren ihre Marktmacht nutzen, um sich in Stellung zu bringen, ist eine etwas umfassendere kritische und vergleichende Sichtung der veröffentlichten Stellungnahmen empfehlenswert.