Crowdfunding für Journalisten: Es geht nicht nur ums Geld
Anders als in den USA tun sich deutsche Verlage und Journalisten noch schwer mit Crowdfunding. Die neue Plattform krautreporter will das ändern.
BERLIN taz | Junge Erwachsene und ihre Lebenssituation in Europa, Zwangsräumungen in Spanien, ein Onlineatlas zu den Orten der Bücherverbrennung der Nationalsozialisten und was geht eigentlich in Taiwan? Dies sind ein paar der ersten journalistischen Projekte, die versuchen, sich mit der neuen Crowdfunding-Plattform krautreporter zu finanzieren. Crowdfunding für journalisitische Inhalte in Deutschland – krautreporter will dies fördern und nur dies.
„Alle, die bei uns Projekte einstellen wollen, müssen den Pressekodex bestätigen“, sagt Sebastian Esser, einer der Gründer der Plattform. „Die Recherchen müssen unabhängig und transparent ablaufen und wir nehmen nur Projekte auf, die Anfang und Ende haben.“ Insbesondere neue digitale Formate, für die Verlage oft kein Geld haben, möchte Esser fördern.
Journalismus per Crowdfunding zu finanzieren ist in Deutschland bisher nicht üblich, anders als in den USA. Bereits 2009 hat zum Beispiel die New York Times ein Crowdfunding-Projekt unterstützt, das sich über spot.us finanzierte. Die größte Crowdfunding-Plattform kickstarter veröffentlichte Anfang Januar eine Liste über die im Jahr 2012 realisierten Projekte im Journalismus.
Es gibt eigene Plattformen für Fotojournalismus wie emphasis oder Radiojournalisten wie Global for me. Auch ein komplettes Magazin hat sich bereits über Crowdfunding finanziert: Tomorrow, das Redakteure, die vom Good Magazine entlassen wurden, gründeten.
Empfohlener externer Inhalt
Neues Denken in den Redaktionen?
Aus Deutschland lassen sich solche Geschichten kaum erzählen. „Die Verlage und großen Zeitungen hier sind sehr zögerlich, was ich sehr schade finde“, sagt Esser. Vielleicht gehe es ihnen noch nicht schlecht genug, sagt er mit ironischem Unterton. „Sie fürchten einen Imageverlust, schätze ich.“ Die Leser um Geld zu bitten, um bestimmte Projekte umsetzen zu können, dürfte tatsächlich vielen Verlegern und Chefredaktionen unangenehm sein – sieht man mal von der taz ab.
„Mit einigen Lokalzeitungen sind wir aber schon ausführlich im Gespräch und da gibt es mehr Experimentierfreude", sagt Esser. Er hofft, dass mit krautreporter ein neues Denken in den Redaktionen beginnt: „Crowdfunding ist, neben der Finanzierungsmöglichkeit, auch ein Mittel um eine neue Verbundenheit mit den Lesern zu erreichen. Noch herrscht da in Deutschland ein ziemliches Machtgefälle, das ist schade.“
Die ersten Projekte auf krautreporter sind jedenfalls von Freien Journalisten, die sich ihre Community erstmal aufbauen müssen. Innerhalb von 48 Stunden haben Unterstützer bereits 3.000 Euro zugesagt. Esser ist zufrieden: „Dafür, dass uns vorher niemand kannte, ist das doch schon mal gut“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Utøya-Attentäter vor Gericht
Breivik beantragt Entlassung
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Repression gegen die linke Szene
Angst als politisches Kalkül
Entlassene grüne Ministerin Nonnemacher
„Die Eskalation zeichnete sich ab“