Coronatests für Urlaubsreisende: Schnelltests sind nicht für alle
Seit dem Beherbergungsverbot stöhnen Ärzte über schummelnde Patienten. Erste Schnelltests kommen erst ab Mitte Oktober. Und nicht für jeden.
In der Praxis des Arztes, der wegen des heiklen Themas nicht mit Namen in der Zeitung erscheinen will, klagen die PatientInnen über Husten, Schnupfen, überhaupt ein allgemeines Krankheitsgefühl. Das könnte doch Corona sein! Für Leute mit Symptomen werden die Coronatests von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen.
Ansonsten müssen Menschen, die etwa in Urlaub fahren wollen und dafür ein negatives Testergebnis brauchen, die Untersuchung beim Arzt selbst bezahlen. Grund genug für manche, in der Praxis trockenen Husten vorzutäuschen und damit Geld zu sparen. „Die Beschwerden werden dann zeitlich abgestimmt vorgebracht, zwei Tage vor Abreise in den Urlaub“, seufzt der Allgemeinmediziner.
In Berlin kosten selbst bezahlte Tests beim Arzt zwischen 120 und 160 Euro. Offenbar gibt es regionale Preisunterschiede: In Niedersachsen koste ein selbst bezahlter Test zwischen 60 und 80 Euro, so der Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen, Uwe Köster.
Ergebnis nach 30 Minuten
Der Standardtest bei den Ärzten ist ein sogenannter PCR-Test (Polymerase-Kettenreaktion). Dabei wird ein Abstrich im Nasenrachen beziehungsweise Rachen genommen und ins Labor geschickt. Die Zeit zwischen Probenentnahme und Ergebnismitteilung kann ein bis zwei Tage betragen.
Sehr viel Hoffnung setzt man daher in die neuen Antigen-Schnelltests. Hier wird ebenfalls ein Abstrich im Rachen genommen. Das Teststäbchen wird in einem Extraktionspuffer gelöst, anschließend werden drei Tropfen auf den Reagenzträger gegeben. Das Ergebnis ist nach 15 bis 30 Minuten abzulesen.
Der Pharmakonzern Roche hat den Sars-CoV-2 Rapid Antigen Test bereits in den Handel gegeben. Das Medizinprodukt sei „in der Apothekensoftware gelistet“, sagt Christian Splett, stellvertretender Sprecher der Bundesvereinigung der Apothekerverbände (ABDA) der taz. Damit kann das Produkt an Ärzte, aber nicht an Laien abgegeben werden.
Die Antigenschnelltests gelten allerdings als nicht so zuverlässig wie die PCR-Verfahren. In einer auf dem Wissenschaftsserver medrxiv veröffentlichten deutschen Studie stellten die ForscherInnen fest, dass die Antigentests von vier Infizierten jeweils einen Infizierten nicht erkennen.
Unsicher und ungeklärt
Bisher nutzen Hausärzte den Antigentest in der Praxis noch nicht, weil es noch keine Abrechnungsmöglichkeit bei den gesetzlichen Kassen dafür gibt. Am 15. Oktober soll eine neue Testverordnung des Bundesgesundheitsministeriums in Kraft treten. „Dann werden wir uns mit den Kassen einigen, wie der Test abgerechnet wird“, sagt Roland Stahl, Sprecher der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV).
Die Kosten für den Antigenschnelltest sollen allerdings nur in bestimmten Fällen von der gesetzlichen Krankenkasse übernommen werden. Auf der Website des Bundesgesundheitsministeriums heißt es, vor allem Pflegeheime und Krankenhäuser sollen den Test nutzen, um Personal, Besucher, Patienten und Bewohner regelmäßig auf das Coronavirus testen zu können. NormalbürgerInnen, die in Urlaub fahren wollen, müssten das Schnellverfahren beim Arzt selbst bezahlen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Elon Musk torpediert Haushaltseinigung
Schützt die Demokratien vor den Superreichen!
Pro und Contra Letzte Generation
Ist die Letzte Generation gescheitert?
Studie zum Tempolimit
Es könnte so einfach sein
Die Linke im Bundestagswahlkampf
Kleine Partei, großer Anspruch
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht macht BND für Irrtum verantwortlich
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund