Coronapandemie in Irland: 2G statt Pubs und Party
Trotz hoher Impfquote steigen die Corona-Infektionen in Irland wieder steil an. Jetzt gibt es neue Restriktionen, nachdem schon alles gelockert war.
Das Virus, so lauten Erklärungsversuche, liebe den Winter mit Kälte und Feuchtigkeit, und viele Aktivitäten spielen sich in dieser Jahreszeit drinnen ab. Außerdem lässt der Impfschutz schon nach vier Monaten stark nach. Aber all das gilt ja auch für andere Länder.
Gesundheitsexperten weisen darauf hin, dass Irland eine der jüngsten Bevölkerungen in Europa habe. Darüber hinaus seien Mehrgenerationenhaushalte weit verbreitet. Und man sieht kaum FFP2-Masken, die Leute tragen viel Selbstgeschneidertes.
Natürlich spiele auch die offene innerirische Grenze eine Rolle, denn in Nordirland gelten die britischen Bestimmungen. Die Infektionszahlen waren dort lange wesentlich höher als in der Republik Irland. Und schließlich habe sich die Deltavariante auf den britischen Inseln viel früher als in Kontinentaleuropa verbreitet.
Bei den Politikern herrscht Ratlosigkeit
Aber Irland ist abgelegen, es hat – außer der inneririschen Grenze – keine Landgrenzen, die Regierung hat früher Lockdowns verhängt, die länger andauerten und von der Bevölkerung eingehalten wurden. Das funktionierte auch, Irland wandelte sich vom schlimmsten zum ungefährlichsten Infektionsherd in Europa, so dass man die Restriktionen lockerte. Im Nu waren die Kneipen und Clubs wieder rappelvoll, das Virus hatte leichtes Spiel. Nun liegt das Land wieder an der Spitze, was die Infektionen betrifft.
Zwar ist dank der hohen Impfquote der Anteil jener Infizierten, die schwer erkranken, wesentlich geringer als in Deutschland. Aber Experten prophezeien im ungünstigsten Fall für Mitte Dezember bis zu 15.000 Neuinfektionen täglich – bei 5 Millionen Einwohnern. 500 Patienten könnten dann Intensivbetten benötigen. Es gibt aber in Irland nur 300 – etwas mehr als 5 pro 100.000 Einwohner. In Deutschland sind es 28. Der Chef der irischen Gesundheitsbehörde, Paul Reid, hat die Krankenhäuser angewiesen, sich auf das Katastrophenszenario vorzubereiten.
Bei den Politikern herrscht Ratlosigkeit. Vorige Woche verhängte die Regierung neue Restriktionen. Bars, Restaurants und Nachtclubs müssen seit Donnerstag um Mitternacht schließen. Die 2G-Regelung wurde auf Theater und Kinos, aber nicht auf Friseursalons und Fitness-Studios erweitert.
Es sind die einzigen konkreten Maßnahmen, der Rest sind lediglich Empfehlungen: Man möge doch bitte auf die beliebten Betriebsfeiern zu Weihnachten verzichten und auch Kindergeburtstage nicht allzu ausgelassen feiern. Wer kann, möge wieder von zu Hause zu arbeiten. Ein erneuter kompletter Lockdown ist nicht ausgeschlossen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe