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Corona in Deutschland„Große Sorgen“ im RKI

RKI-Präsident Wieler zeigt sich alarmiert über die neuesten Entwicklungen. Mehr als 100 Menschen könnten sich bei einer Trauerfeier in Schwäbisch Gmünd infiziert haben.

RKI-Chef Lothar Wieler ist beunruhigt Foto: Tobias Schwarz/dpa

Schwäbisch Gmünd/Berlin dpa/afp | Angesichts steigender Corona-Infektionszahlen in Deutschland hat sich das Robert-Koch-Institut (RKI) alarmiert gezeigt. „Die neueste Entwicklung der Fallzahlen macht mir und allen im Robert-Koch-Institut große Sorgen“, sagte RKI-Präsident Lothar Wieler am Dienstag in Berlin vor Journalisten. „Wir sind mitten in einer sich rasant entwickelnden Pandemie“, warnte er. „Die ganze Welt ist mittendrin.“

Wieler rief zur Disziplin auf und ermahnte zum Einhalten der Regeln zu Abstand, Hygiene und Alltagsmaske. „Bitte helfen Sie alle weiter mit“, appellierte er. Die Menschen hätten es weitgehend selbst in der Hand, wie die Pandemie sich in Deutschland weiter verbreite.

„Wir müssen jetzt verhindern, dass sich das Virus wieder rasant ausbreitet, dass es sich unkontrolliert ausbreitet“, mahnte er. Am Dienstag hatte das RKI einen Anstieg bestätigter Infektionen um 633 gemeldet. In den letzten sieben Tagen wurden demnach 3.611 Fälle gemeldet. Die Entwicklung sei „wirklich sehr beunruhigend“.

47 Trauerfeier-Gäste positiv getestet

Nach einer Trauerfeier sind im Großraum Schwäbisch Gmünd in Baden-Württemberg 47 Gäste positiv auf das Coronavirus getestet worden. Wie eine Sprecherin des Landratsamts am Montag sagte, könnten noch mehr Menschen infiziert sein. Eine Teilnehmerliste zu der Trauerfeier vor rund zwei Wochen gebe es nicht, man gehe aber von mehr als hundert Gästen aus. Zuvor hatten mehrere Medien darüber berichtet.

Unter den Infizierten sind nach Angaben der Sprecherin auch Kinder. Eine Kita in Schwäbisch Gmünd sei vorübergehend geschlossen worden, eine Grundschulklasse sei getestet worden – offenbar habe sich jedoch kein Mitschüler angesteckt. Bis Mittwoch seien weitere Tests in mehreren Klassen an verschiedenen Schulen geplant. Darüber hinaus wird laut der Sprecherin weiter nach den Teilnehmern der Feier gesucht.

Spahn: Tests sollen für alle kostenfrei sein

Unterdessen sprach sich Gesundheitsminister Jens Spahn am Montagabend im ZDF-“heute-journal“ und in den ARD-“Tagesthemen“ erneut für eine Testpflicht für Urlauber, die aus Corona-Risikogebieten nach Deutschland zurückkehrten, aus. Die Tests sollen für alle kostenfrei sein. Das Testen dürfe „niemals eine Kostenfrage für den Einzelnen sein“ und auch „keine soziale Frage“, so der CDU-Politiker im „heute-journal“.

Spahn betonte auch, dass die Testpflicht allein für Rückkehrer aus Risikoländern gelten solle, also aus Ländern mit hohen Infektionszahlen. Eine Ausweitung auf Nicht-Risikoländer schloss der Minister aus. „Am Ende (...) ist das ja ein Eingriff in die persönliche Freiheit“, sagte Spahn in den „Tagesthemen“. Ein solcher müsse „natürlich auch gut gerechtfertigt sein“ und „verhältnismäßig sein“. Bei Risikoländern sei eine Testpflicht durch das Infektionsschutzgesetz gedeckt.

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22 Kommentare

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  • Ich komme mit den ganzen Zahlen bzgl. COVID nicht klar !



    Warum macht man es zu kompliziert ?



    Das keiner Durchblickt !



    Warum nicht : Zur Zeit infizierte in der BRD/In den einzelnen Ländern/Landkreise/Komunen. Das wäre doch wichtig !



    Dann noch ob eine Reduzierung oder eine Erhöhung stattfindet . Fertig aus. Oder soll der Bürger irre geführt werden ? So wie es jetzt vermittelt wird ist mir es zu kompliziert!

    • @Doma69 :

      Endlich!



      Die Landeshauptstadt Düsseldorf bringt nun eine Statisitik heraus, die jede versteht. Hier sehen wir, wer besonders gefährdet ist. Ich rangiere in der schlimmsten Kategorie. Dass Kinder nicht ganz verschwunden sind, liegt an den nicht ganz verhinderbaren engen Kontakten. Wer im Berufsleben steht, die Schule besucht oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln fährt, ist ebenfalls höherer Infektionsgefahr ausgesetzt. Dann hilft nur schnelle Reaktion nach Ausbrüchen.



      Doma, hoffentlich liest jemand aus unserer Regierung Deinen Beitrag!

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      Hier vermisse ich noch eine Unterscheidung nach Geschlecht. Die Unterschiede sind so eklatant, dass wir bei entsprechender Anwendung Covid19 noch viel schneller den Schrecken nehmen könnten. Männer sollten sich noch viel stärker in ihrer Verantwortung gefordert fühlen.

    • @Doma69 :

      Ich mache mir ganz große Sorgen um das RKI- oder - das Ärzteblatt. Frauen sollen nach dem RKI genau so von Covid19 betroffen sein wie Männer. Das offizielle Ärzteblatt ist mit seinen Informationen sehr nahe an Krankenhäusern und damit auch Statistiken. Ich sehe ganz eklatante Widersprüche, wenn ich die Ärzteblatt-Statistik zu den Covid19-Toten anhängig vom Geschlecht ansehe:



      img.aerzteblatt.de...dpZHRoIjo4MDB9fX0=



      Wer liegt da völlig falsch? Das RKI oder das Ärzteblatt?



      Nur die Statistik des Ärzteblatts deckt sich auch mit den Untersuchungsergebnissen aus Ostasien.



      Doma69, langsam bekomme ich ebenfalls das Gefühl, dass ich durchblicke.



      Im Ärzteblatt sind die Fehlerintervalle mit eingezeichnet. Das spricht nun wirklich für Glaubwürdigkeit, urteile ich als Physiker. Beim RKI fehlen solche Glaubwürdigkeitsaussagen. Ob die RKI-Mitarbeiter sich die von ihnen gewünschten Aussagen selbst zusammenbasteln? Wenn sie die dazu passenden Extremwerte des Fehlerintervalls herauspicken, liegen diese tatsächlich noch im Intervall. Das wäre aber ein schwerer Verstoß gegen die Statistikgesetze.



      Damit es klar ist, bei den Covid19-Fällen handelt es sich um die aktuellen. Die Gesamttodesfälle von 2018 spiegeln nur die Altersstruktur der Bevölkerung wieder. Eine saubere Statistik.

  • Wir haben immer noch keine Feuerwache für die Covid19-Bekämpfung. Nur das langsame RKI.



    Ich mache mir ernsthaft Sorgen.

    Im Falle des Falles benötigen wir eine app auf einem zusätzlichen Gerät, das mit einer Zentrale verbunden direkt Herde ausmacht. Handies sind ungeeignet, da sich jeder Interessierte die privaten Daten verschaffen kann.

    Ich hätte aber auch gar keine Probleme, diese preiszugeben, sofern ich von der Zentrale keine Werbung zugeschickt bekäme.

  • „Am Ende (...) ist das ja ein Eingriff in die persönliche Freiheit“



    genau so wie im Grunde jedes andere Gesetz auch. Aber bei der Art und Weise wie das bei der angedachten Testpflicht wiederholt hervorgehoben wird, kann man den Eindruck bekommen, dass der Widerstand derjenigen die darin gleich wieder die Gesundheitsdiktatur zu erkennen meinen geradezu provoziert werden soll.

  • Bereits im März hatte Herr Wieler "große Sorgen", siehe

    www.tagesschau.de/...orona-rki-101.html

    Mit seiner Prognose der Infiziertenzahl lag/liegt er um mindestens den Faktor 50 (Prognose ca. 10 Mio., Infizifierte aktuell ca. 200.000) falsch.

    Kann mir jemand erklären, wie im epidemiologischen SIR-Modell

    de.wikipedia.org/wiki/SIR-Modell

    die Maßnahmen der Regierung berücksichtigt werden?



    Wie genau das nichtlineare Modell bei ungenauer Kenntnis der Infiziertenzahlen usw. ist?

    Kann es sein, daß die Sorge der Regierung und der vom Bund finanzierten Institute wie dem RKI vor allem in der eigenen Wiederwahl liegt? Und die Opposition die gleichen Motive hat und deshalb aktuell besser nicht widerspricht?

    • @shashikant:

      Wenn Sie aus einem Flugzeug springen und dank Fallschirm sanft landen, dann ist das kein Beweis dafür, dass der Fallschirm überfüssig war.

      Und wenn Ihnen jemand vorrechnet, mit welcher Geschwindigkeit Sie ohne Fallschirm aufgeschlagen wären, dann liegt das nicht an der Fallschirmherstellerlobby, die Geld verdienen will.

      • @Mustardman:

        Zu nennen wäre auch noch die korrupte Mütterlobby, die einem immer weis machen will, dass man heiße Herdplatten nicht anfassen soll. :-)

    • @shashikant:

      Der wichtigste Satz steht doch gleich unter der Überschrift des Tagesschau-Artikels: "Er zeichnete ein düsteres Szenario: Millionen könnten sich infizieren, wenn die Vorgaben nicht eingehalten würden."

      Was ist an solchen Sätzen schwer zu verstehen? Ist wie mit Deichen. Wenn das Loch im Deich nicht geflickt wird, DANN gibt es eine Überschwemmung. Nichts anderes war Wielers Prognose.



      Gott sei Dank wurden die Corona-Löcher "geflickt" und die Prognose trat nicht ein.

      • @Rudolf Fissner:

        Eine Prognose macht nur Sinn, wenn sie ein zu erwartendes Verhalten berücksichtigt. Wenn Sie bei der Berechnung der Flugbahn einer Kanonenkugel den Luftwiderstand nicht berücksichtigen, wird das Ergebnis falsch sein.



        Deshalb sollten die 10 Millionen Infizierten das veränderte Verhalten der Bevölkerung berücksichtigen. Anderfalls dient die Prognose eher dazu, Angst zu erzeugen.



        Vorsicht ist gut. So zu tun, man wüsste etwas, was man nicht weiß, halte ich für fragwürdig.

    • @shashikant:

      "Kann es sein, daß die Sorge der Regierung und der vom Bund finanzierten Institute wie dem RKI vor allem in diesem Fall ist das nicht der Hauptgrund. Der Hauptgrund ist, dass wir es mit einer Pandemie einer Virenkrankheit zu tun haben, die in ihren vollen Umständen und Auswirkungen noch unbekannt ist.

      Weiteres zu der wissenschaftlichen Arbeit fundest du z.B. bei scienceblogs.de

      Zur Frage, warum die Prognose und die Fallzahlen so abweichen, einfach Präventionsparadox googeln. Weil alle besorgt waren hat die Prävention damals gewirkt und die Fallzahlen sind relativ niedrig geblieben. Jetzt steigen sie wieder. Das its sehr bedenklich.

      • @bicyclerepairman:

        Auf der scienceblogs.de Webseite gibt es Werbung. Macht auf mich nicht unbedingt einen vertrauenserweckenden Eindruck.

        Danke für den Begriff Präventionsparadox.



        Das Konzept ist verständlich. Nur: wenn klar ist, daß die Prognose extrem unsicher ist, welchen Sinn macht sie dann? Dann sollte man die Unsicherheit kenntlich machen, finden Sie nicht?

      • @bicyclerepairman:

        "Der Hauptgrund ist, dass wir es mit einer Pandemie einer Virenkrankheit zu tun haben, die in ihren vollen Umständen und Auswirkungen noch unbekannt ist."

        Von der Sterberate bei Corona haben Sie noch nichts gehört?

        • @Rudolf Fissner:

          "Von der Sterberate bei Corona haben Sie noch nichts gehört?"

          Na klar. Die alleine ist schon schlimm genug.

          Aber es gibt ja zusätzlich noch erste Erkenntnisse, die es möglich scheinen lassen, dass es auch überlebenden zu gravierenden Langzeitschäden kommen kann. Deswegen habe ich geschrieben "(...)in ihren vollen Umständen und Auswirkungen(...)".

          Und deswegen finde ich es richtig, sich beim jetzigen Ansteigen der Fallzahlen wieder große Sorgen zu machen. Außerdem zeigen historische Krankheitsverläufe, dass ein zweite Welle noch viel schlimmer sein kann als die erste Welle.

    • @shashikant:

      Wogegen soll denn Widerspruch erfolgen? Dass sich Herr Wieler große Sorgen macht? Dass die Infektionszahlen steigen und weltweit dramatisch sind? Dass zu größter Vorsicht geraten wird? Und dass Masken getragen werden sollen, Abstandhalten und Handhygiene sehr wichtig und notwendig sind?

      • @Rolf B.:

        Hallo Rolf,

        bitte lesen Sie meinen Kommentar, bevor Sie etwas darauf antworten oder widersprechen,

        • @shashikant:

          Eine Antwort auf die Fragen würde mich aber auch interessieren. Mir ist nämlich auch unklar, was die Opposition widersprechen soll.

        • @shashikant:

          Hallo Shashikant,



          ich habe zu Ihrem letzten Absatz Stellung genommen:

          Zitat:



          "Kann es sein, daß die Sorge der Regierung und der vom Bund finanzierten Institute wie dem RKI vor allem in der eigenen Wiederwahl liegt? Und die Opposition die gleichen Motive hat und deshalb aktuell besser nicht widerspricht?"

          Und ich frage, wogegen denn widersprochen werden soll.

          • @Rolf B.:

            Hallo,

            finden Sie die Abweichung um den Faktor 50 nicht seltsam? Ab welcher Abweichung würden Sie sich wundern?



            Wenn Klimatologen so etwas beim Klimawandel täten, wäre das wahrscheinlich ihr Ende.

            Mir geht es hier vor Allem um unsere Prioritäten. Weltweit sterben jährlich Millionen Menschen durch Hunger, aber bei Corona ist das noch weniger wichtig als sonst.

            Es gibt hier nicht genügend Platz, um meine Position zu erklären. Mir wird in der letzten Zeit nur immer klarer, daß auf dieser Welt viel weniger so ist, wie es erscheint. Der Hauptgrund dafür ist Eigennutz.



            Wieso wird diese Faktor 50-Abweichung von Niemandem thematisiert, warum sind auch Grüne und Linke sehr still, sollte ihre Aufgabe doch in der Kontrolle der Regierung bestehen?



            Für die, die Rainer Mausfelds Vortrag zur Manipulation nicht kennen: www.youtube.com/watch?v=-kLzmatet8w

    • @shashikant:

      Vielleicht lesen Sie noch mal nach was der Unterschied zwischen der Infiziertenzahl und der Zahl der nachweislich Infizierten ist. Könnte helfen.



      Bei einer dynamischen Entwicklung kann es immer mal Zeiten geben in denen man in "großer Sorge" ist oder "positive Aussichten" vermelden kann. Liegt halt an uns in welche Richtung es sich entwickelt.

      Ihren verschwörungstheoretischen Unterton können Sie sich daher schenken.

      • @charly_paganini:

        Es ist gar nicht so lange her, daß ich weniger skeptisch war als heute. Ich kann meine Skepsis hier nicht in 2 Sätzen begründen.



        Skepsis wurde bereits von Buddha, Sokrates und Kant empfohlen.



        "Brot und Spiele" usw. sind so aktuell wie bei den Römern.

        Aber zu Ihrem Hinweis: Wie verhalten sich Infiziertenzahl und Zahl der nachweislich Infizierten? Welche Zahl meinte Herr Wieler?

        Was halten Sie vom SIR-Modell? Keiner meiner Freunde, die sich mit Modellierung befasst haben, konnte dazu etwas fundiertes sagen. Meines Erachtens ist das Modell unbrauchbar.

        Erinnern Sie sich an die Berechnung des Pneumologen Dr. Köhler zur Verharmlosung der Stickoxidbelastung, der Unterstützung von über 100 Ärzten bekam, und erst durch Hr. Kreutzfeldt (von der taz :-) ) wurde klar, das seine Berechnung falsch war. Diesel-Skandal, Cum-Ex, Finanzkrise usw...

  • "Das Testen dürfe 'niemals eine Kostenfrage für den Einzelnen sein' und auch 'keine soziale Frage', so der CDU-Politiker [...]"

    Es ist doch immer herzerwärmend zu sehen, wie sich die CDU für soziale Gerechtigkeit einsetzt.

    Übertroffen wird das Gefühl allenfalls durch jenes, das sich einstellt, wenn Lindner von der FDP sich für den "kleinen Mann" einsetzt.