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Corona im BundeskabinettAusgerechnet Spahn

Die Corona-Infektion des Gesundheitsminister wirft Fragen auf, zum Beispiel: Werden Kabinettsmitglieder zu wenig getestet?

Trotz Vorsicht angesteckt: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) Foto: Markus Schreiber/ap/dpa

Berlin taz | Genau 11.287 Neuinfizierte binnen 24 Stunden meldete das Robert-Koch-Institut am Donnerstagmorgen. Einer von ihnen ist Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Die Meldung über die Infektion des CDU-Politikers schlug im Berliner Regierungsviertel ein wie eine Bombe. Kein Wunder: Erstmals hat sich ein Mitglied der Bundesregierung das Virus eingefangen. Und dann ausgerechnet der Gesundheitsminister, jener Mann also, der qua Amt seit Wochen vor den Gefahren der gegenwärtigen zweiten Pandemiewelle warnt.

Spahn war am Mittwoch, nachdem er Erkältungssymptome bemerkt hatte, positiv auf das Virus getestet worden. Er habe sich sofort in häusliche Quarantäne begeben, erklärte sein Sprecher. Zudem hätten sich Mitarbeiter*innen, die zuletzt eng mit dem Minister zu tun hatten, sofort testen lassen – ihr Test sei aber negativ ausgefallen. Am Donnerstag erklärte er zudem, dass es Spahn „den Umständen entsprechend gut“ gehe.

Dennoch wirft Spahns Infektion Fragen auf: Ist die Regierung weiter handlungsfähig? Was, wenn sich auch Kanzlerin und weitere MinisterInnen infizieren? Immerhin hatte der Minister am Mittwochmorgen noch selbst an der wöchentlichen Kabinettssitzung im Kanzleramt teilgenommen.

Ein Regierungssprecher bemühte sich, entsprechende Spekulationen sofort einzufangen. Die Kabinettssitzung sei unter Einhaltung von Hygiene- und Abstandsregeln abgelaufen. Alles unter Kontrolle, so die Botschaft. In seinem Ministerium wird Spahn nun vorerst durch seinen Staatssekretär Thomas Steffen vertreten.

Arbeitsminister Heil ist in Quarantäne – die App warnte ihn

Dennoch gingen einzelne MinisterInnen auf Nummer sicher und ließen sich vorsorglich testen. Familienministerin Franziska Giffey etwa – sie war am Freitag noch gemeinsam mit Spahn bei einer Pressekonferenz aufgetreten. Das erste Ergebnis ihres Schnelltests: negativ. Auch bei Innenminister Horst Seehofer war das Resultat negativ.

Kabinettsmitglied in (vorsorglicher) Quarantäne, das kommt immer wieder vor. Den Anfang machte im Frühjahr die Kanzlerin selbst, als ihr Arzt positiv getestet wurde. Ihren Amtsgeschäften konnte sie aber aus ihrer Berliner Wohnung weiter nachgehen, auch ihre Tests fielen negativ aus. Außenminister Heiko Maaß und Wirtschaftsminister Peter Altmaier waren neulich ebenfalls vorsichtshalber in Selbstisolation. Seit einigen Tagen ist auch Arbeitsminister Hubertus Heil vorbeugend in Quarantäne – dessen Corona-Warnapp hatte eine Warnung gesendet.

Eine weitere Frage, die Spahns Infektion aufwirft: Werden die Regierungsmitglieder regelmäßig genug getestet? Augenscheinlich ist das nicht mal bei der Kanzlerin der Fall. Zumindest hatte sie im Spätsommer auf ihrer Sommerpressekonferenz noch gesagt, dass sie sich an die Corona-Regeln halte – und deshalb nicht permanent getestet werde. Der SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach forderte daher am Donnerstag in der Rheinischen Post regelmäßige Tests für Kabinettsmitglieder − und das „möglichst alle zwei bis drei Tage“.

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1 Kommentar

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  • Stoffmasken sind schick, nutzen etwas im Fremd- und wenig im Selbstschutz. Spahn trug wie auch andere Politiker immer eine schicke, aber wenig effektive Maske. Nun hat es sich angesteckt. Es ist wie am Anfang des Jahres: aus Angst vor dem Mangel an echtem Schutzmaterial wird eine Legende zu den Alltagsmasken als echtem Schutz gestrickt.

    Hoffen wir, dass sich die anderen Politiker nicht angesteckt.