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Corona-Tests nur bei RumänenAbstrich mit fadem Geschmack

Die Stadt Wesselburen in Dithmarschen will ihre Einwohner auf den Corona-Virus testen – aber nur die aus Rumänien. Das könnte stigmatisierend wirken.

Der Infektionskette keine Chance: Abstrich für einen Corona-Test, hier Ende Juli in Heide Foto: Daniel Reinhardt/dpa

Hamburg taz | Die rumänischen Bürger der schleswig-holsteinischen Kleinstadt Wesselburen sollen sich auf das Coronavirus testen lassen. Entsprechende Postwurfsendungen mit der Bitte, einen Test zu machen, sollen am Donnerstag ausschließlich an rumänische Haushalte verteilt werden. Grund dafür ist eine große Zahl an Infektionen, besonders unter den rumänischen Einwohnern.

Der rumänische Honorargeneralkonsul Klaus Rainer Kirchhof hält das Vorgehen für unglücklich. „Ich finde es fragwürdig, eine Bevölkerungsgruppe herauszugreifen“, sagt er. Die eigentlich anzuwendende Strategie müsste darin bestehen, das Umfeld der positiv Getesteten abzuklopfen, anstatt pauschal gegen eine Bevölkerungsgruppe vorzugehen. Er fühlt sich an einen Vorfall im Juni in Göttingen erinnert, wo ein ganzer Wohnblock aufgrund von Corona-Infektionen abgeriegelt worden war.

Wesselburen, etwa 25 Kilometer südlich von St. Peter-Ording gelegen, hat 3.400 gemeldete Einwohner. Mehr als 500 von ihnen sind rumänische Staatsbürger. „28 von ihnen sind aktuell mit dem Coronavirus infiziert“, teilte der Kreis Dithmarschen am Dienstag in Heide mit. Sie stellten damit einen Großteil der – Stand Mittwoch – 39 Infizierten im Landkreis.

Deswegen, und weil alle Infizierten in Wesselburen Rumänen sind, hält es Landrat Stefan Mohrdieck (parteilos) für geradezu zwingend, sich auf diese Gruppe zu konzentrieren. „Wir behandeln die wie alle anderen auch“, versichert Mohrdieck. Am liebsten hätte er zwar ganze Stadtviertel getestet, sagt er, aber dafür hätten die Kapazitäten nicht gereicht. Naheliegend sei die Fokussierung auch, weil die Rumänen weitgehend unter sich blieben. Dazu kämen die teils beengten Wohnverhältnisse, die unter anderem dadurch entstünden, dass Menschen nur zum Arbeiten herkämen.

Kontakte gebe es trotz eines Integrationsprogramms, das bis zum Beginn der Coronakrise lief, vornehmlich über die Schulen und Kindergärten. Dort seien die Infektionen auch aufgefallen. Bei der Kontaktverfolgung habe der Kreis im ersten Anlauf 140 Personen identifiziert – nicht nur Rumänen –, die aufgefordert worden seien, sich testen zu lassen. Aber die 28 bildeten eben den größten Schwerpunkt in Dithmarschen.

„Die Rumänen sind eine Gemeinde für sich“, bestätigt Gunter Gust, SPD-Fraktionschef im Wesselburener Stadtrat. „Es ist schwierig, Kontakt aufzubauen.“ Dass nur die Rumänen aufgefordert werden sollen, sich testen zu lassen, habe ihn durchaus stutzig gemacht. „Ein gutes Bild ergibt das nicht“, sagt Gust. Doch die Testkapazitäten seien nun mal begrenzt und der Test überdies frei­willig.

Die Coronatestungen auf freiwilliger Basis sollen auf dem Gelände einer Arztpraxis stattfinden. Die mobile Abstrichpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung habe aus Kapazitätsgründen nicht kurzfristig für eine solche Testreihe zur Verfügung gestanden, hieß es.

Dass die Fokussierung der Tests auf eine Gruppe Menschen stutzig macht, freut die Antidiskriminierungsbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein, Samiah El Samadoni. So eine Fokussierung auf eine Gruppe sei nur in Ordnung, wenn sich der Grund dafür direkt aus dem Infektionsgeschehen ergebe. Auch sie fände es besser, wenn quartiersweise und nicht nach Nationalität getestet würde, um eine Stigmatisierung zu verhindern. Der Knackpunkt, warum es aber doch in Ordnung sei, sei die Freiwilligkeit: „Dass es ein Angebot an die rumänischen Mitbürger ist, das im Übrigen kostenlos ist“.

Landrat Mohrdieck versichert: „Wir wollen diese Menschen schützen.“ Schließlich wollten sie ja arbeiten und die Landwirte seien auf sie angewiesen. Schon vor der Ferienzeit habe der Kreis Heimreisende vor einer möglichen Ansteckung in Rumänien gewarnt.

Der Kreis gehe auf die Leute mit einem Dolmetscher und Wurfsendungen in ihrer Landessprache zu. „Es ist ein weiterer Versuch, sich dem Infektionsgeschehen zu nähern“, sagt der Landrat. Es gebe ja auch keine Gewissheit, dass die eingeladenen Menschen zu dem Test erschienen. Eine Diffamierung oder Diskriminierung könne er deshalb nicht erkennen.

Wegen der stark gestiegenen Coronazahlen reagierten die Gemeinde und der Landkreis mit allgemeinen Einschränkungen in Wesselburen. So wurden der Sportplatz, Spielplätze und die Bücherei bis zum 11. Oktober geschlossen, dito die Kita. Die Schulen machen Distanzunterricht.

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2 Kommentare

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  • "Landrat Mohrdieck versichert: „Wir wollen diese Menschen schützen.“ Schließlich wollten sie ja arbeiten und die Landwirte seien auf sie angewiesen." Eine interessante Begründung für die Motivation, Menschen zu schützen...

  • Zu solchen drastischen, teils grundrechtseinschränkenden Maßnahmen, greifen Behörden schneller bei Menschen mit niedrigen sozialen Status. Man erinnere sich nur an die Absperrung eines ganzen Wohnblocks in Göttingen Ende Juni dieses Jahres.



    taz.de/Quarantaene...ettingen/!5693050/



    In Verbindung mit wohlhabenden BürgerInnen und ihren Wohnquartieren liest man derartige Meldungen nicht. Die Reichenschicht ist diesbezüglich fast ein "no-go" für Politik und Behörden - eben weil solche Maßnahmen stigmatisierend wirken. Siehe hierzu auch nach Emsdetten (NRW):



    www.spiegel.de/pan...-8f40-e5db3b77a617