„Corona-Lied“ von Linken-Politiker: „Oh no no no no no“!
Ein Song des Linken Abgeordneten Diether Dehm und des niedersächsischen Landesvorsitzenden leistet Corona-Mythen Vorschub. Die Partei schweigt.
Zur Melodie von „Marina, Marina“ reimt Dehm: „Corona Corona Corona, Du bist jetzt für alles der Grund, paar wenige machst du gesund. Worauf reimt sich COVID? Auf jeden Fall auf Profit. Ich lass mir da nicht drohn mit: Oh no no no no no!“
In diesem Stil geht es weiter: „Der Rundfunk säuselt in das Ohr der Hörer, wer uns nicht folgt, sind allesamt Verschwörer.“ Bis hin zu der Behauptung: „Zu ihrem eignen Schutz sperrt man die Alten in Quarantäne, wo sie dann erkalten. Coronaplan heisst hier auch Renten sparn.“
Empfohlener externer Inhalt
Dehm hat das Lied zuerst auf einer Verdi-Veranstaltung am 15. August in Peine zum Besten gegeben, wie er auf seiner Webseite schreibt. Später nahm er noch eine Studioversion gemeinsam mit dem niedersächsischen Landesvorsitzenden der Linken, Lars Leopold auf. Diese wurde zunächst über den offiziellen Youtube-Kanal des Linken-Landesverbands unter der Überschrift: „Unser Song zur Corona-Krise“ verbreitet, inzwischen aber entfernt.
„Um des Friedens in der Partei willen“, erläutert der Landesvorsitzende Leopold auf taz-Anfrage die Gründe dafür, dass das Video aus dem Kanal gelöscht wurde. Das Lied spalte eben die Gemüter, es sei keine Wohlfühlmusik. „Wir bekommen nicht nur Applaus“, räumt Leopold ein. „Es gibt aber auch einige, die sagen: Mensch da habt ihr 'nen Nerv getroffen.“ Auf seinem Youtube-Kanal ist der Song weiterhin abrufbar, allerdings ohne die Strophe über die erkaltenden Alten.
„Wir wollten darauf aufmerksam machen, wie die Corona-Krise bestehende Probleme verschärft“, erläutert Leopold. Auf keinen Fall habe man Wasser auf die Mühlen von Corona-Leugnern gießen wollen.
Die Partei- und Fraktionsspitze reagieren auf taz-Anfrage mit beredtem Schweigen. Ein Sprecher der beiden Fraktionsvorsitzenden Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch erklärt, das Video habe nichts mit der Fraktion zu tun. Auch die Parteivorsitzenden Katja Kipping und Bernd Riexinger mögen sich nicht ausführlich dazu äußern. Eine Sprecherin verweist auf die geltenden Beschlüsse.
Peinliche Auftritte von prominenten Parteimitgliedern ist die Linke ja inzwischen gewohnt. So trat Fraktionsvize Andrej Hunko im Mai bei einer Demonstration von selbsternannten Corona-Rebellen in Aachen auf. Nicht zuletzt deshalb fühlte sich der Parteivorstand genötigt, die Linie der Partei per Vorstandsbeschluss noch einmal zu bekräftigen. Die Linke beteilige sich nicht an so genannten „Hygienedemos“, also an nach rechts offenen Demos gegen die Corona-Maßnahmen. Es sei unabdingbar, „uns sichtbar von Verschwörungsmythen und Nazipropaganda zu distanzieren.“
„Das Lied hat keinerlei Anknüpfungspunkte zu rechten Verschwörungsfantastereien“, antwortet Dehm der taz auf die Frage, wie er zu diesem Beschluss stehe. Er bezeichne das Virus im Lied auch als gefährlich, „auch wenn es ein paar wenige bereichert.“ Und: „Wie immer trenne ich selbstverständlich meine künstlerische Tätigkeit von meiner parteipolitischen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Bis Freitag war er einer von uns
Elon Musk und die AfD
Die Welt zerstören und dann ab auf den Mars
Magdeburg nach dem Anschlag
Atempause und stilles Gedenken
Bankkarten für Geflüchtete
Bezahlkarte – rassistisch oder smart?
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Nordkoreas Soldaten in Russland
Kim Jong Un liefert Kanonenfutter