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Corona-Hotspot Berlin-Mitte„Das war nicht abzusehen“

Der Bezirk Berlin-Mitte hat bundesweit mit die meisten Corona-Neuinfektionen. Doch es fehle Personal für die Kontaktverfolgung, warnt Amtsarzt Murajda.

Mehr Tests in Mitte: Seit Anfang Juli hat der Bezirk auch ein Corona-Testmobil Foto: dpa
Interview von Jannis Hartmann

taz: Herr Murajda, mit 28,1 Fällen pro 100.000 Einwohner*innen hatte Ihr Stadtbezirk Berlin-Mitte Ende der Woche laut Robert-Koch-Institut das zweithöchste Infektionsgeschehen Deutschlands. War es für Sie absehbar, dass die Zahl so stark steigt?

Lukas Murajda: Mitte war immer der Bezirk mit der höchsten Fallzahl, weil wir sehr aktiv bei der Suche sind. Seit Beginn der Pandemie haben wir dasselbe Motto: finden, isolieren, testen. Das setzen wir sehr konsequent durch. Aber dass Mitte das zweithöchste Infektionsgeschehen in der gesamten Bundesrepublik haben wird, hätte ich vor zwei Wochen nicht absehen können.

Wer sind die Infizierten?

Im Interview: Lukas Murajda

Die Infektionsschwerpunkte haben sich seit dem Anfang der Pandemie gewandelt: Erst waren es die Urlauber aus Skigebieten, dann die Clubszene sowie Heime und medizinische Einrichtungen. Später waren auch breitere Bevölkerungsgruppen betroffen. Jetzt sind es hauptsächlich die Reiserückkehrer: Etwa drei Viertel der Neuinfektionen in den letzten 14 Tagen sind drauf zurückzuführen. Wir haben jetzt besonders viele Menschen, die in Risikogebieten Urlaub machen.

Das hört sich an, als könnten Sie die Fälle dennoch eingrenzen.

Wir tun zumindest unser Bestes, alle Infizierten schnell zu finden und zu isolieren. Dazu gehört eine komplexe Zusammenarbeit mit vielen Institutionen wie anderen Gesundheitsämtern, der Bezirksverwaltung, der Charité oder dem Robert-Koch-Institut. Das ist eine echte Herausforderung, was die Logistik und Kommunikation betrifft. Trotzdem tun alle das Beste, was sie können.

In Mitte haben sich gerade so viele Menschen neu infiziert wie zuletzt im Frühjahr. Hilft die Erfahrung, die man jetzt bereits hat?

Es ist leichter, weil wir eingespielt und erfahren sind. Es ist aber auch schwieriger, weil wir jetzt viel weniger Personal haben als im März und April. Damals bekamen wir viel Unterstützung von anderen Ämtern und Freiwilligen. Jetzt ist das Team viel kleiner, das erschwert die Arbeit. Wir brauchen dringend mehr Personal.

Es war doch absehbar, dass es eine zweite Welle geben wird. Warum fehlt das Personal?

Wilde Feiern enden artig

Die Polizei hat bei der Kontrolle der Coronaregeln an diesem Wochenende keine Probleme mit größeren Freiluft-Partys gehabt. Das liege aber auch daran, dass Einsatzkräfte an einigen Orten Menschenansammlungen frühzeitig auflösten, so ein Polizeisprecher am Sonntag. In der Hasenheide in Neukölln sollen am Samstag bereits gegen 18 Uhr knapp 1.000 Menschen laute Musik gehört haben. In mehreren Stadtteilen gab es Versammlungen mit rund 50 Feiernden in Parks und Wäldern. Mit Unterstützung der Bezirke will sich der Senat einen Überblick über die Party-Hotspots verschaffen. (dpa)

Niemand hat im März gewusst, dass die Krise so lange dauern wird. Und die Ämter können sich nicht ein oder zwei Jahre lang nur mit der Pandemie beschäftigen. Deshalb mussten wir die Menschen zurück in ihre Ämter schicken. Und die Ehrenamtlichen müssen ja auch von etwas leben, die können nicht unbegrenzt bei uns bleiben. Die Verwaltung bemüht sich, Personal aufzustocken, aber das geht nicht so schnell. Leider nicht so schnell, wie wir es brauchen.

Und wenn die Fallzahlen noch eine Weile so bleiben?

Auf der einen Seite ist das tatsächlich ein Wettlauf: Was kommt zuerst? Die große Welle oder das neue Personal? Auf der anderen Seite passen wir uns permanent der Entwicklung an und optimieren. In der jetzigen Form ist es aber nicht möglich, die Fälle zu stemmen, falls diese weiter steigen. Wir rekrutieren gerade all unsere Ressourcen und müssen dafür viel opfern. Dass wir unsere Aufgaben nicht alle wahrnehmen können, fällt uns schwer: Es gibt kaum Einschulungsuntersuchungen, der Zahnärztliche Dienst oder Beratungen werden nicht angeboten. Den Schwangeren bieten wir nur das absolut Notwendige an. Es ist eine dunkle Stunde. Bei der Kontaktnachverfolgung werden wir auf das Individuelle verzichten müssen.

Aber ist das Individuelle, wie Sie sagen, nicht unabdingbar bei der Kontaktverfolgung?

Wenn sich ein Schulkind infiziert hat, haben wir bisher zu jedem in der Klasse Kontakt aufgenommen. Wir besprechen die Situation, fahren zu den Personen nach Hause und betreuen unsere Klienten. Wenn wir das weiter reduzieren müssen, könnte es sein, dass wir eine komplette Klasse automatisch in Quarantäne stecken. Wir werden pauschal entscheiden müssen. Anders lässt sich das dann leider nicht lösen. Letztendlich sind wir aber angewiesen auf die Hilfe von allen Berlinerinnen und Berlinern. Wir können es nur gemeinsam schaffen.

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20 Kommentare

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  • Es gibt 28 Fälle auf 100000 Einwohner. Also 28!



    und das ist ein Hotspot?

    Was für Fälle? 28 Erkrankte? Oder nur positiv getestete?

    Es wird so unsauber mit Zahlen und Begrifflichkeiten umgegangen.

    Wenn ein PCR Test positiv bei einer getesteten Person anzeigt. Macht das nur eine Aussage darüber, daß ein winziger Teil des Virus nachweisbar ist.

    PCR-Tests sind hochempfindliche Verfahren. Sie sprechen daher auch auf geringe Spuren einer (Erb-)Substanz an, die auch nicht auf eine Vireninfektion zurückgehen muss. Ein positiver Test besagt also keinesfalls zwingend, dass die betreffende Person infiziert, erkrankt oder gar ansteckend ist.

    Welche Medien prüfen, ob die Anzahl der testpositiven Personen lediglich proportional zur Anzahl der durchgeführten Tests steigt – und damit prozentual konstant bleibt?

    Wenn man das überprüft haben wir keinen Besorgnis eregenden Anstieg der "Fallzahlen"!

    Wir haben 700000 Tausend PCR Tests die Woche in Deutschland!!!

    Das heisst wir Testen innerhalb des Fehlerbereichs des Tests!!!

    Und:

    "Niemand hat im März gewusst, dass die Krise so lange dauern wird."

    Was?

    Seid Monaten wird gesagt in allen Medien, daß die Pandemie erst vorbei ist wenn der Impfstoff da ist und sie uns noch Jahre beschäftigen wird.



    Eine Zweite Welle wird kommen....

    Ich kann daraus nur schließen das sie die offizielle Erzählweise selbst nicht ernst genommen hat.

  • Falls der Amtsarzt wirklich überrascht sein sollte, dann handelt es sich um eine Fehlbesetzung. Das Einmaleins der Pandemie lautet doch "Bevölkerungsstruktur x Wohnraumstruktur". Demnach können nur Mitte oder Nordneukölln als Sieger vom Platz gehen.

    • @DiMa:

      Wo steht denn, dass er überrascht ist? Sie wussten nicht wie und wann, und haben alle Resourcen mobilisiert. Klingt für mich nach der alltäglichen Verwaltung der Mängel, da kann man dem Amtsarzt mMn nun wirklich schwer einen Strick draus drehen.

      • @görg:

        Die Tatsache, dass Mitte einen vergleichsweise hohen Anstieg haben werde, war wegen der genannten Gegebenheiten abzusehen. Dies wird vom Amtsarzt merkwürdigerweise bestritten.

  • 8G
    83023 (Profil gelöscht)

    Die Wissenschaftler der Ruhr _Uni mit Kollegen haben gezeigt das man mit Mundspülungen die Keimlast auf null runterkriegt... aber warum kommt das nicht in der Tagesschau oder TAZ?

    www.pnp.de/nachric...ieren-3756481.html

    Das wäre ein kleiner Schritt um die Menschen zu schützen und die Pandemie einzudämmen.



    Die Leute sollen, bevor sie für ne halbe Stunde raus gehen, einfach den Mund mit Wasserstoffperoxid spülen.



    Problem gelöst.

    • @83023 (Profil gelöscht):

      Ergänzend zu GCGs Antworten, denen ich völlig zustimme: Welches Problem soll denn überhaupt damit gelöst werden? Bzw. welches Problem soll denn damit gelöst werden, das sich nicht ebenso durch Abstandhalten und Masketragen lösen lässt?

      Das Hauptproblem scheint doch zu sein, dass sich viele Leute wieder so sicher fühlen (oder es ihnen schlicht so egal ist), dass die recht einfachen Regeln nicht mehr konsequent eingehalten werden. Da hilft dann auch kein weiteres Mittel.

      Davon abgesehen, vermehren sich die Viren wohl hauptsächlich in Rachen und Lunge. Mundspülen dürfte also eh nicht ausreichen. Es müsste schon Gurgeln/Rachenspray und Inhalieren sein. Scheint mir nicht sehr praktikabel.

      Zum Thema "Gurgeln mit ..." gibt es auch mindestens in zwei Folgen von Kekulés Podcast (www.mdr.de/nachric...corona/index.html) Antworten von ihm. Die letzte findet man in Folge #85 ab 38:08.

    • @83023 (Profil gelöscht):

      Problem nicht gelöst!

      Diese Untersuchung zeigt nur auf, dass im LABORVERSUCH eine REDUZIERUNG für eine BESTIMMTE ZEIT (getestet 30 Minuten) möglich ist.

      Viren sind im Übrigen keine Keime (Bakterien).

      • 8G
        83023 (Profil gelöscht)
        @GCG:

        Das H2O2 alle Arten an Mikroorganismen vernichtet is nichts neues. Der Wirkmechanismus ist Oxidation. Die Studie könnte man sich sparen da es seit über 100 Jahren entsprechende Studien/Untersuchungen gibt.

        Also:



        H2O2 macht Coronaviren platt

        Mund kann erfolgreich damit von Coronaviren befreit werden..

        Man kann es den Menschen empfehlen bevor sie ne halbe Stunde raus gehen.

        Davon das man H2O2 auch in geringer Konztentration inhalieren kann rede ich jetzt noch gar nicht. :D

        Der Ansatz ist vielversprechend. Du wirst doch nicht den Akademiker aus Bochum wiedersprechen wollen?

        Also: Problem gelöst. Man kann risikolos einen Versuch wagen :)

        • @83023 (Profil gelöscht):

          Ich wiederspreche nicht den Akademikern sondern Ihnen.

          Die Studie deckt sich nicht mit Ihren Aussagen:



          academic.oup.com/j...is/jiaa471/5878067

          Und selbst wenn eine der Lösungen (in vivo Tests stehen ja noch aus!) - kurzfristig - auf die Mundschleimhaut wirkt, der Virus sitzt IN der Zelle und repliziert sich weiter. Somit maximal ein sehr kurzfristiger Effekt.

          • 8G
            83023 (Profil gelöscht)
            @GCG:

            ich bin schon bei einer anderen Studie in Vivo.. einfach mal googlen ;)

            Man nehme 1,5 % H2O2 nehme es 60 Sek in den Mund und die Last an Mikros sinkt um 5 logstufen etc..

            Das die Viren in der Zelle sitzen ist auch kein Problem. Bei zB Herpes-viren sitzen diese auch in der Zelle und man kann einen Herpesausbruch mit H2O2 eindämmen und beenden.

            Also wir dürfen uns freuen: es gibt ein Mittel gegen die Pandemie. Das gute alte Bewährte H2O2!! Ist doch klasse!

            • @83023 (Profil gelöscht):

              Aus dem von Ihnen verlinkten Artikel:¹ "Mundspülungen eignen sich jedoch nicht, um eine COVID-19-Infektion zu behandeln oder um sich selbst vor einer Ansteckung mit dem Virus zu schützen."

              ¹: www.pnp.de/nachric...ieren-3756481.html

              Ist halt kein Herpes, gegen das der eigene Körper schon Abwehrkräfte hat und deswegen nur etwas Unterstützung braucht, sondern COVID-19, das der eigene Körper noch nicht kennt und deswegen nur schlecht bekämpfen kann.

              Was wir hiermit haben ist — wie im Artikel richtig beschrieben — eine Methode, für kurze Zeit die Infektiösität zu stoppen.

            • @83023 (Profil gelöscht):

              Ein Link auf die Studie wäre hilfreich. Mit Google finde ich jedenfalls nichts. Der Link im ersten Post ist ein Artikel der anscheinend auf einer Pressemitteilung der RUB (news.rub.de/presse...ungsrisiko-senken) basiert. Dort wird nur von Zellkulturtests gesprochen und auch das Fazit kann nicht als "es gibt ein Mittel gegen die Pandemie" interpretiert werden:

              "



              Die Autorinnen und Autoren weisen darauf hin, dass Mundspülungen nicht zur Behandlung von Covid-19-Erkrankungen geeignet sind. „Das Gurgeln mit einer Mundspülung kann nicht die Produktion der Viren in den Zellen hemmen“, erklärt Toni Meister, „könnte aber die Viruslast kurzfristig dort senken, wo das größte Ansteckungspotenzial herkommt, nämlich im Mund-Rachen-Raum – und das könnte in bestimmten Situationen wie beim Zahnarzt oder der medizinischen Versorgung von Covid-19-Patienten nützlich sein.“



              "

  • Niemand hat absehen können, dass zigtausende Menschen aus Deutschland zB in das Risikogebiet Türkei reisen? So wie jedes Jahr seit Jahrzehnten?

  • Interessant, dass in der Presse überhaupt nicht thematisiert ist, was eigentlich ein eklatantes Versagen der Politik ist. Seit Jahrzehnten reisen zigtausende Menschen aus Deutschland zum Familienbesuch in die Türkei und auf den Balkan, also in jetzige Risikogebiete. Dass zB aus dem winzigen Kosovo in Relation zur Bevölkerung die weitaus meisten Infektionen heimgebracht werden, kann nahezu ausschließlich an solchen Reisenden liegen, bekanntlich ist der Kosovo kein Tourismusgebiet. Warum hat man das nicht lange vor Beginn der Ferien vorhergesehen?



    Übrigens: jetzt, top es Spanien getroffen hat, regen sich Lokalmedien darüber auf, dass die Teststationen an den Flughäfen früh zumachen: früher, als die Ankünfte der letzten Flieger aus Spanien. Dass schon seit Wochen der letzte Flieger aus Pristina um 23:40 landet, also über dreieinhalb Stunden nach der Schließung der Stationen, war keine einzige Zeile wert!

  • Niemand hat gewusst, dass die Pandemie so lange dauern würde?? Wie bitte? Hieß es nicht aus ALLEN Richtungen, wir müssen uns darauf einstellen, dass wir in 2020 keinen Impfstoff bekommen und deswegen bis mindestens 2021 in AKUTER Gefahr schweben??



    Auf einmal will ein Amtsarzt nichts davon gewusst haben, dass es auch im August kritisch werden kann??



    Hieß es nicht zu Beginn, man werde ALLE Gesundheitsämter mit mehr Geld und Personal auf die 2.Welle vorbereiten?? Funktioniert in diesem Land denn überhaupt noch etwas??

    • @Thorsten Kluge:

      Die Frage, ob da noch was funktioniert, geht doch eher an die Kommune/Stadt als an das Land

      • @Chutriella:

        Die Frage geht eher ganz konkret an das Bundesland Berlin. Es überrascht überhaupt, dass dieser Unfug aus Berlin kommt.

        Berlin ist und bleibt bundeslandgewordene Inkompetenz.

        Es ist ja auch nicht so, als wären nicht über Monate Warnungen vor der zweiten Welle da gewesen. Da kann man als Berliner schon mal überrascht sein.

  • "Wilde Feiern enden artig.

    Die Polizei hat bei der Kontrolle der Coronaregeln an diesem Wochenende keine Probleme mit größeren Freiluft-Partys gehabt. "

    Das scheint eine Frage der Perspektive zu sein: der Park am Gleisdreieck war heute (Sonntag-)morgen übersäht mit leeren Flaschen und Müll, die Fahrradwege mit Glasscherben

    • @Weber:

      Wenn man etwas nicht kontrolliert kann es auch kein Problem werden:D

  • Bitte mal das Konzept von Christian Dorsten zum effizienten Einsatz von Ressourcen bei der Kontaktverfolgung lesen und beherzigen.

    www.zeit.de/2020/3...en/komplettansicht