Corona-Hilfen der Bundesregierung: Picknickkorb für die Groko
Vor dem Koalitionsausschuss sind viele Details zum geplanten Konjunkturprogramm offen. Derweil greift Grünen-Chef Habeck die Kanzlerin an.
BERLIN taz | Im Vorfeld von Koalitionsberatungen geht es häufig zu wie im Durcheinander vor einer geplanten Grillparty. Die eine will unbedingt ihren speziellen Salat mitbringen, während der andere das leckere Baguette vom Bäcker nebenan anpreist. Die Kunst besteht dann für alle darin, einen ausgewogenen Picknickkorb zu packen – damit es am Ende nicht Brot im Übermaß gibt und die Bratwürste fehlen.
Um einen solchen Balanceakt geht es auch beim Koalitionsausschuss am Dienstag. Nur: Statt um Würste geht es dann um viele Milliarden. Die zentrale Frage dabei: Wohin soll das Geld fließen, um der coronageplagten Wirtschaft zu helfen?
Die Ideen dazu gehen zwischen den Koalitionspartnern traditionell weit auseinander. Die Sozialdemokraten wollen vor allem Kommunen und Familien helfen. Finanzminister Olaf Scholz setzt dabei weiter auf die Altschuldenentlastung für Kommunen (siehe auch Interview mit Norbert Walter-Borjans).
Zudem fordert die SPD einen einmaligen Kinderbonus von 300 Euro. „Jedes Kind muss uns gleich viel wert sein – deshalb braucht es den Kinderbonus, der nicht auf Sozialleistungen angerechnet wird“, sagt die SPD-Fraktionsvize Katja Mast.
Habeck kritisiert Machtvakuum durch die Kanzlerin
Die Union steht beiden Vorhaben skeptisch gegenüber. Der CDU-Wirtschaftsflügel, aber auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) plädieren für Steuerentlastungen, etwa beim Solidaritätszuschlag, und weniger Unternehmensteuern.
Der Spiegel zitierte zudem aus einem internen Papier des Finanzministeriums. Darin wird eine Verdopplung der Bezugsdauer von Kurzarbeitergeld auf zwei Jahre vorgeschlagen. Private Haushalte sollten auch bei der EEG-Umlage zur Förderung des Ökostroms entlastet werden. Zwar will auch die Union Entlastungen bei den Strompreisen, wie konkret, ist aber offen. Für genug Diskussionsstoff ist im Kanzlerinnenamt also gesorgt.
Derweil hat Grünen-Chef Robert Habeck das Krisenmanagement der Bundesregierung ungewohnt deutlich kritisiert. Der Bund habe ein Machtvakuum aufkommen lassen, weshalb viele Länder ihr Heil in eigenen Entscheidungen gesucht hätten. „Dadurch wurde Vertrauen verspielt“, sagte Habeck dem Tagesspiegel. Er nannte die Einführung der Corona-App, die noch immer auf sich warten lasse.
Auch die Kanzlerin persönlich griff der Grünen-Chef an. Angela Merkel sei es „zuletzt nicht mehr gelungen, den Sinn der Entbehrungen und Einschränkungen zu erklären“. Einzelne Länderchefs hätten ihre Autorität „auf fast tragische Weise“ zerstört. Kein Wort verliert Habeck allerdings dazu, dass seine Partei in elf Ländern selbst mitregiert – und es der eigene Ministerpräsident Winfried Kretschmann aus Baden-Württemberg war, der die Coronapolitik jüngst zur alleinigen Ländersache erklärte.
Sinkende Neuinfektionen – und weniger Demoteilnehmer
In bundesdeutschen Arztpraxen kehrt indes wieder etwas Normalbetrieb ein. Jeder, der eine Krankschreibung braucht, muss fortan wieder persönlich zum Arzt gehen. Die Sonderregelung für telefonische Krankschreibungen, die wegen der Pandemie im März eingeführt wurde, ist am 31. Mai ausgelaufen. Der Gemeinsame Bundesausschuss begründet dies mit der abnehmenden Gefährdungslage.
Ebendies hat sich auch am Wochenende fortgesetzt: Das Robert-Koch-Institut (RKI) zählte am Pfingstsonntag 333 Neuinfektionen im Vergleich zum Vortag. Die Reproduktionszahl R stieg zwar leicht und befindet sich mit 1,04 knapp über der kritischen Grenze von 1. Das RKI warnte jedoch davor, die Zahl überzubewerten, da diese „relativ großen Schwankungen“ unterliege.
Parallel zu den abnehmenden Neuinfektionen nimmt auch das Interesse an den Coronademos weiter ab. Zwar versammelten sich auch am Pfingstwochenende wieder in mehreren Städten Menschen, um gegen die Kontaktbeschränkungen zu demonstrieren. Doch lag die Zahl deutlich niedriger als in den Wochen zuvor.
In Stuttgart, zuletzt Hotspot der sogenannten Hygienedemos, versammelten sich am Samstag lediglich 150 Demonstranten – angemeldet waren mehrere Tausend. Auch eine Kundgebung im Berliner Regierungsviertel erreichte deutlich weniger Zuspruch – obwohl die Obergrenze für Demoteilnehmer in der Hauptstadt längst aufgehoben ist.
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