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Corona-Debatte in den LandtagenSternstunde fällt aus

Ehe der Freizeit-Lockdown am Montag in Kraft tritt, befassten sich die Landtage damit. In Stuttgart etwa herrschte viel Einigkeit.

Fraktionsvorsitzender Rülke im Stuttgarter Landtag: immerhin bringt die FDP etwas Würze in die Debatte Foto: Sebastian Gollnow/dpa

STUTTGART taz | Für eine Sternstunde des Landtags reicht es in Stuttgart auch in Corona-Zeiten nicht. Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat wieder seine Landkarten dabei, die zeigen, wie schnell die Regionen im Land durch das Infektionsgeschehen wieder rot geworden sind.

Der Grünen-Politiker wiederholt dabei, was er schon seit Mittwoch über die Corona-Maßnahmen auf allen Kanälen gesagt hat. Dann erklärt Kretschmann die Lage aus der Perspektive des Virus: „Das Virus fühlt sich da wohl, wo wir uns wohlfühlen“.

Sieht man von der AfD ab, die mit viel Klamauk Herdenimmunität empfiehlt, ist die FDP die einzige Fraktion, die die Corona-Maßnahmen zwar nicht generell, aber in vielen Details ablehnt und das monatelange Regieren per Verordnung kritisiert.

Auch wenn dies auf Grundlage eines Pandemiegesetzes geschieht, das der Landtag selbst beschlossen hat. Deshalb wollen die Liberalen über die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz abstimmen und legen ein Alternativkonzept vor.

Die FDP trägt die Maßnahmen mit – wo sie mitregiert

Dass die FDP einen aussichtslosen Antrag vorlegt, ist natürlich auch dem heraufziehenden Wahljahr geschuldet – im März wird in Baden-Württemberg ein neuer Landtag gewählt. Der grüne Fraktionschef Andreas Schwarz weist darauf hin, dass Liberale dort, wo sie mitregieren, die Maßnahmen mittragen würden, zum Beispiel Volker Wissing, der FDP-Generalsekretär und Minister in Rheinland-Pfalz ist. Schwarz nennt den Antrag der FDP „unverantwortlich“.

Doch immerhin bringt die FDP etwas Würze in diese Debatte, die sonst eher einer Pflichtübung gleicht. Der Fraktionsvorsitzende Hans-Ulrich Rülke kritisiert die Maßnahmen im Detail und moniert, dass sich Kretschmann nicht dem Linken Ministerpräsident Thüringens Bodo Ramelow angeschlossen hat, der als einziger der Ministerpräsidenten einen Parlamentsvorbehalt für die Maßnahmen reklamiert hatte.

In der Bevölkerung wird die Debatte derweil leidenschaftlicher geführt und sie verläuft nicht brav entlang der Parteigrenzen. In einem Brief an die Landesregierung beschweren sich über 30 Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern – darunter auch der Grüne OB von Tübingen, Boris Palmer – über die Maßnahmen. Sie kritisieren vor allem die pauschale Schließung von Kultureinrichtungen und Gastronomie und wünschen sich eine kulantere Auslegung der bundesweiten Beschlüsse.

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