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Contra AbrissGeschichte geht weiter

Ilka Kreutzträger
Kommentar von Ilka Kreutzträger

So eine Schande! Als schäme sich die Stadt ihrer Nachkriegsgeschichte, will Hamburg deren bauliche Zeugen lukrativ beseitigen.

Es ist nicht alles nur negativ an den City-Hochhäusern! Bild: wikimedia/M:taz

H AMBURG taz Hässlich seien sie, schandfleckig, nicht mehr zeitgemäß und deswegen gehören die Hochhäushäuser aus den 1950er-Jahren am Klosterwall abgerissen. So //www.taz.de/Pro-Abriss/!143102/:argumentieren die, die jene vier elfstöckigen Gebäude des Architekten Rudolf Klophaus verschwinden sehen wollen. Allen voran die Finanzbehörde, die gerade den Abriss empfohlen hat.

Aber nicht Ästhetik ist hier die treibende Kraft, sondern Profit: Mit einer Abrissgenehmigung lässt sich für das Grundstück, das zum Verkauf ausgeschrieben werden soll, ein hoher Preis erzielen. Höher als die gut 30 Millionen Euro, die ein Investor 2012 zu zahlen bereit war. Oder wie es im Drucksachenentwurf der Finanzbehörde heißt: „Aufgrund der derzeit günstigen Finanzmarktsituation ist für diese Variante nunmehr von einem höheren Erlös auszugehen, der die Gebote für eine Sanierungsvariante um einen geschätzten zweistelligen Millionenbetrag übersteigen wird.“

Dass die Häuser „nicht mehr zeitgemäß“ seien, wie es etwa der SPD-Mann Dirk Kienscherf im Abendblatt formuliert, ist kein Argument. Sind traditionelle Blockrandbebauung und dunkler Klinker „im direkten Zusammenhang mit der potenziellen Welterbestätte Ensemble Kontorhausviertel“, wie es in der ersten Ausschreibung für das Grundstück 2012 als Vorgabe für einen Neubau formuliert war, zeitgemäß? Wohl eher reaktionär.

Der Denkmalschutz, unter dem das Ensemble steht, soll doch gerade davor bewahren, alles abzureißen, was den politischen Akteuren gerade nicht gefällt oder dem höheren Verkaufswert im Wege steht.

Diese vier Gebäude nahe des Hauptbahnhofes waren die ersten Hochhäuser, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Hamburg gebaut wurden. Legte man den von Klophaus verwendeten hellen Kunststein unter der in den 70ern angebrachten grauen Fassade wieder frei, wäre die Leichtigkeit dieser wuchtigen Gebäude wieder sichtbar. Denn bei ihrer ganzen Größe versperren sie weder Weg noch Sichtachsen, sie sind durchlässig und brauchen eine sachverständige Sanierung, die das wieder herausarbeitet.

Es gibt keinen vernünftigen Grund, aus dem nur ein Abriss in Frage kommen soll. Außer man findet es vernünftig, dass die Stadt allein finanzielle Interessen vertritt. Und es gibt schon gleich gar keinen vernünftigen Grund, warum der Klinkerexpressionismus des frühen 20. Jahrhunderts, aus dem das Kontorhausviertel stammt, schützenswerter sein soll als die Nachkriegsarchitektur der 50er-Jahre.

Jenseits ihrer historischen Bedeutung bieten die vier Gebäude auch ganz einfach viel Platz. Mit politischem Willen und entsprechendem Investor könnte hier eine Menge Wohnraum mitten in der Stadt entstehen. Mietwohnungen bringen natürlich nicht die erhofften Summen ein, könnten jedoch für die immer wieder geforderte Belebung der Innenstadt sorgen.

Das letzte Wort hat der Senat und es wäre wirklich schade, ließe er sich nur vom Geld leiten. Denn mit den Hochhäusern verschwände ein Stück Stadtgeschichte.

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Ilka Kreutzträger
Redaktionsleiterin Nord
Jahrgang 1977, die Soziologin arbeitete lange für die taz nord als Autorin und CvD sowie für den NDR in Hamburg als Nachrichtenredakteurin Online und Radio, ging dann kurz zum stern und war stellvertretende Ressortleiterin Lokales bei der Hamburger Morgenpost. Sie gibt an der Uni Bremen seit 2013 Schreib-Workshops. Seit 2023 ist sie Redaktionsleiterin der taz nord.

2 Kommentare

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  • So irre hübsch und erhaltenswert finde ich die nicht. Dann schon lieber das alte kleinteilige Hamburg.

  • "Legte man den von Klophaus verwendeten hellen Kunststein unter der in den 70ern angebrachten grauen Fassade wieder frei, wäre die Leichtigkeit dieser wuchtigen Gebäude wieder sichtbar."

     

    Alleine dieser Satz reicht mir (ich habe genug Phantasie) - , um mir vorzustellen wie die Häuser im Urzustand aussahen.

    Für alle ohne diese Vorstellungskraft könnte die TAZ-Redaktion vielleicht ein Foto einstellen.