piwik no script img

„Compact“-Konferenz in BerlinDie rechte Dreifaltigkeit

Auf der „Compact“-Konferenz schmieden Vertreter von Pegida, Identitäre Bewegung und AfD ein Bündnis, um die Festung Europa aufzubauen.

Fühlt sich unterdrückt, während er auf der „Compact“-Konferenz spricht: Rechtspopulist Michael Johannes Stürzenberger Foto: dpa

BERLIN taz | „Gegen jeden Rassismus“ steht auf dem Transparent der AntifaschistInnen, die sich vor dem Halong-Hotel in Berlin versammelt haben. Die BesucherInnen der Konferenz stört das nicht, „lächerlich“ sei die Antifa.

Das Compact-Magazin, Sprachrohr der Rechten und Hetzblatt gegen MuslimInnen und Geflüchtete, hat geladen. Eigentlich hätte die Compact-Konferenz in Köln stattfinden sollen, doch der Betreiber des Veranstaltungsortes sagte kurz vorher ab. „Jetzt erst recht“, steht in Berlin auf den Plakaten. Auf der Konferenz soll es um Meinungsfreiheit im „Merkel-Regime“ gehen. Die gibt es nicht, das denken hier die meisten. Auf der Konferenz sind VertreterInnen der Presse offiziell nicht zugelassen.

„Ich bin Deutscher und ich werde nicht zulassen, dass unser schönes Deutschland vor die Hunde geht“, sagt Jürgen Elsässer, Chefredakteur von Compact, zur Begrüßung. Das werde es aber, wenn man zulasse, dass das „Merkel-Regime die Bevölkerung weiterhin austauscht“. Elsässer, graue Haare, kantiges Gesicht und Exlinker, will die Rechten vereinen. Er hat Vertreter der AfD, der Identitären Bewegung und Pegida um sich geschart.

Exlinker will die Rechten vereinen

Auf der Konferenz sprechen André Poggenburg, Landesvorsitzender der AfD Sachsen-Anhalt, Karl Albrecht Schachtschneider, Staatsrechtler, Oskar Freysinger, schweizer Politiker der SVP, Martin Sellner, Chef der neurechten Identitären Bewegung (IB) in Österreich und Lutz Bachmann, Gründer von Pegida. Eine Annäherung der rechten Gruppen konnte man bereits beim zweijährigem Jubiläum von Pegida am 16. Oktober in Dresden beobachten. Unter den Rednern: Elsässer und Sellner.

Am Samstag sieht man im Berliner Publikum auch Frauen, Väter mit ihren Söhnen, ein Mann ist aus Freiburg gekommen, ein Paar aus Heilbronn. „Es geht um die Freiheit“, sagt einer. Ein anderer meint, er würde auch gern aktiv werden, zum Beispiel bei der Identitären Bewegung. Bei der NPD sei er auch schon gewesen, „aber die sind langweilig“, sagt er. Die hätten immer Angst, verboten zu werden.

Oskar Freysinger, lange Gymnasiallehrer, hat eine Reichsflagge in seinem Arbeitszimmer hängen. Das mache ihn aber nicht rechtsextrem, sagt er. Die Rechten würden diskriminiert, müssten Angst haben, dabei seien sie doch alle friedlich. Ähnlich sieht das Gastgeber Elsässer. Er warnt gar vor einer „rotlackierten SA“. Der heutige Faschismus komme von links.

Und gegen den müssten alle rechten Gruppierungen zusammenarbeiten. In der „islamisch besetzten Zone“ komme der Widerstand nicht so recht „in Schwung“, klagt Elsässer und fragt Lutz Bachmann, was denn in Ostdeutschland anders sei. „Die Menschen haben ein super Bauchgefühl und wissen, wenn etwas schief läuft“ antwortet der Pegidachef. Der Österreicher Sellner ergänzt, dass er in Westdeutschland eine „Meinungskonditionierung durch das System“ erkenne. Doch seine Identitäre Bewegung agiere dort schon hinter „feindlichen Linien“. Sellner lächelt. Dafür brauche man keine Hundertschaften. „Vorerst. Der Moment wird auch noch kommen“, prophezeit er.

Dafür braucht es keine Hundertschaften. Vorerst

Martin Sellner, Identitäre Bewegung

Der Plan: Die AfD soll die Macht in den Parlamenten übernehmen. Die IB-AktivistInnen sollen medienwirksam „zivilen Ungehorsam“ üben. Dann, irgendwann, werde die Bevölkerung gegen den „sanften Totalitarismus“ auf die Straße gehen. „Um die Festung Europa aufzubauen“, ruft Sellner, „müssen wir die Festung der Political Correctness einreißen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Traditionen

     

    Zitat: (Gastgeber Elsässer) „warnt gar vor einer ,rotlackierten SA‘. Der heutige Faschismus komme von links.“ Innerhalb der triangulären politischen Konfiguration stehen die Neo-Völkischen mit diesem Topos in prominenter Tradition genau desjenigen politischen Lagers, das sie zu bekämpfen vorgeben, der freiheitlich-demokratischen, liberalen, christlichen, marktwirtschaftlichen, antibolschewistischen, links-grünen usw. „Mitte“. Von der Qualifizierung des Bolschewismus‘ als Linksfaschismus1926 durch den italienischen Priester Don Luigi Sturzo über den SPD-Führer Kurt Schumacher 1930 („Kommunisten sind rotlackierte Faschisten“), dem Etikett „Linksfaschismus“ für den SDS durch die CDU 1969, für Heinrich Böll 1972 durch Gerhard Löwenthals und für R. M. Faßbinder 1976 durch J. Fest in der FAZ. Aus aktuellem Anlaß besonders bemerkenswert die Qualifizierung der Demokraten der Roosevelt'schen Tradition durch die Republikaner als „red fascists“, nachdem bereits für den Dauer-FIB-Chef Edgar Hoover alle vor den Hakenkreuzlern in die USA emigrierten Juden nichts anders waren als „communazis“...