Christian Rath über die geplante bayerische Verfassungsklage: Klage nützt Merkel
Bayern zelebriert den Weg zur Verfassungsklage gegen Merkels Flüchtlingspolitik. Erst wurde die Klage angedroht, dann wurde Exverfassungsrichter Udo Di Fabio mit einem Gutachten beauftragt, nach einigen Wochen wurde das Gutachten vorgestellt, jetzt wird dem Bund die Klage förmlich angekündigt und vermutlich in einigen Wochen tatsächlich eingereicht.
Und dann? Dann muss man auf ein Urteil aus Karlsruhe warten, das sicher nicht binnen weniger Wochen ergehen wird. Auch wenn „sofortige“ Maßnahmen zur Reduzierung der Flüchtlingszahlen gefordert werden, bringt dieses Vorgehen der Bundesregierung vor allem eines: Zeitgewinn.
Dass sich die CSU auf eine Verfassungsklage konzentriert, ist für Merkel aber auch deshalb bequem, weil sie auf diesem Weg wenig zu befürchten hat. Denn im Kern wird die Klage wohl abgewiesen. Es ist nun mal eine politische und keine Verfassungsfrage, wie Deutschland mit der Flüchtlingszuwanderung umgeht. Die apokalyptischen Szenarien, die viele derzeit beschreiben, sind jedenfalls falsch. Deutschland steht nicht vor dem Staatsnotstand. Das Land ist leistungsfähig, der Bundeshaushalt ausgeglichen.
Die Verfassungsrichter in Karlsruhe könnten die Bundeskanzlerin sogar stützen, indem sie in ihrem Urteil zur bayerischen Klage deutlich machen, was auf dem Spiel steht: Wenn auch Deutschland in der Flüchtlingspolitik nach dem Sankt-Florians-Prinzip agiert, würde der Süden der Europäischen Union massiv chaotisiert, Hunderttausende verzweifelter Menschen würden hin und her geschoben, Militär käme zum Einsatz, gegen Flüchtlinge und womöglich auch gegen Nachbarstaaten.
Wie schon bei der Euro-Rettung wird das Verfassungsgericht klarmachen, dass es nicht nur auf dem Pfad der Regierung Risiken gibt, sondern dass die vermeintlich einfachen Lösungen der Kritiker oft noch viel riskanter sind.
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