Chinesischer Konzern reagiert: Huawei pfeift auf Trump
Das US-amerikanische Huawei-Verbot könnte zum Eigentor werden. Es fördert die Entwicklung eines eigenen chinesischen Betriebssystems.
Der chinesische Telekomausrüster Huawei tritt die Flucht nach vorn an: Das Unternehmen will schon in den kommenden Monaten ein eigenes Betriebssystem für Digitalgeräte anbieten, wie zahlreiche chinesische Medien berichten. Die Chinesen machen sich damit von den US-Anbietern Microsoft und Google unabhängig, die mit ihren Produkten Windows und Android bisher den globalen Markt dominieren. Sie dürfen Huawei wegen einer von Präsident Donald Trump auferlegten Sperre vorerst nicht mehr beliefern.
In den vergangenen Tagen ließ Huawei weitere Details über die hausgemachte Alternative zu Android und Windows durchsickern. Das Betriebssystem soll „Hongmeng“ heißen und sich für Handys, Tablets, PCs, smarten Fernsehern und den Bordrechnern von Autos eignen. Es soll App-Anbietern möglich sein, ihren Quellcode direkt zur Erstellung von Anwendungen zu verwenden, die unter Hongmeng laufen. Damit ließe sich der App-Store der Chinesen vergleichsweise schnell mit nützlichen Programmen füllen. China selbst ist ohnehin ein so großer Markt, dass dort zahlreiche IT-Anwendungen wie Wechat unabhängig von denen der US-Marktführer gut laufen.
Schon heute sehen die virtuellen Softwareläden in China völlig anders aus als im Westen. Klassische Google-Anwendungen wie der Playstore, die Maps, aber auch Produkte wie der Facebook Messenger sind dort weitgehend unbekannt. Auch statt europäischer und amerikanischer Nachrichtenportale bevölkern eigene chinesische den Bildschirm.
Der Mega-Konzern tüftelt schon länger
Huawei hat die eigene Softwareplattform nicht einfach aus dem Hut gezaubert. Teams von Softwareentwicklern tüfteln schon seit sieben Jahren daran. Die Ressourcen, die das Unternehmen zur Verfügung hat, sind gigantisch: 80.000 Ingenieure und Softwareentwickler und 13 Milliarden Euro im Jahr für Forschung und Entwicklung. Firmenpatriarch Ren Zhengfei, 74, arbeitet schon lange auf eine größere Unabhängigkeit von westlichen Zulieferern hin.
Selbst wenn sich die politische Lage also wieder entspannt, wird der Trump-Schock dazu führen, dass Chinas IT-Industrie ihre technische Unabhängigkeit viel schneller anstrebt als bisher.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
BGH-Urteil gegen Querdenken-Richter
Richter hat sein Amt für Maskenverbot missbraucht
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen