Chinesische Video-App: USA prüfen Schritte gegen TikTok
Datenschützer befürchten, dass die bei Teenagern beliebte App TikTok chinesischen Behörden zuarbeitet. Es geht dabei auch um die Dominanz im Netz.
Chinesische Unternehmen sollten international nicht zu erfolgreich sein. Sonst bekommen sie es mit den USA zu tun. So ist es Huawei ergangen. Die USA boykottiert den chinesischen Netzwerkausstatter und fordert ein solches Vorgehen auch von anderen Staaten. Nächstes Opfer könnte die Kurzvideo-App TikTok werden, der neueste Schrei im Internet unter den 14- bis 20-Jährigen.
Die US-Regierung will rechtliche Mittel prüfen mit dem Ziel, Tiktok zu verbieten. Das Argument: Die App könnte die nationale Sicherheit gefährden. Die beiden US-Senatoren Chuck Schumer (Demokraten) und Tom Cotton (Republikaner) warnten, TikTok könne bei den anstehenden Präsidentschaftswahlen in den USA „zum Einfallstor für chinesische Wahlmanipulation“ werden. Schumer und Cotton waren schon bei Huawei die Scharfmacher.
TikTok ist eine Kurzvideo-App, die bei Teenagern weltweit derzeit für Begeisterung sorgt. Es handelt sich um eine Art Anti-Instagram. Während sich die Nutzer auf Instagram gerne von ihrer perfekten Seite zeigen – schicke Klamotten, gerne am Strand liegend und Cocktail schlürfend – zeigen sich die Teenies auf TikTok von ihrer ulkigen Seite.
In den kurzen Clips, die die Nutzer posten, machen sie Grimassen, singen und tanzen Popstars nach oder machen anderen Klamauk vor den Kameras. Die aufgenommenen Clips lassen sich bearbeiten. Mit speziellen Gesichtsfiltern etwa kann man sich buschige Augenbrauen retuschieren lassen oder extra große Segelohren. Die so entstandenen Clips sind meist nicht länger als 15 Sekunden lang.
Werbeplattform für große Marken
Kommerziell ist die App ein großer Erfolg: Seit dem vergangenen Jahr gehört TikTok in den App-Stores von Apple und Google durchgängig zu den am häufigsten heruntergeladenen Apps, noch vor Instagram, Snapchat und Facebook. Über 500 Millionen Nutzer zählt TikTok in mehr als 150 Ländern bereits und liegt damit vor Twitter. In den USA gibt es mehr als 27 Millionen Nutzer, in Deutschland hat Schätzungen zufolge jeder zweite Teenager die App auf sein Smartphone geladen.
Viele Nutzer in Europa und den USA wissen gar nicht, dass hinter dieser App die chinesische Firma ByteDance steckt. Gegründet wurde TikTok, das in China unter dem Namen Douyin bekannt ist, von dem chinesischen IT-Unternehmer Zhang Yiming. Über ihn selbst ist nur wenig bekannt. Er hatte angeblich einst eine Suchmaschine speziell für Immobilien programmiert und war auf diese Weise reich geworden.
Im Dezember 2017 kaufte seine Firma ByteDance für rund 1 Milliarde US-Dollar die Karaoke-App Musical.ly, quasi der Vorläufer von TikTok. International beliebte Marken wie Nike und Coca-Cola haben die Bedeutung dieser App vor allem unter Teenagern längst erkannt und nutzen sie als Werbeplattform. Und auch Hollywood-Promis posten lustige Clips von sich auf TikTok. Mit einer Marktkapitalisierung von 75 Milliarden Dollar gilt ByteDance derzeit als das wertvollste Start-up-Unternehmen der Welt.
Den USA ist der Aufstieg des Unternehmens aus China ein Dorn im Auge. US-Präsident Donald Trump macht gar keinen Hehl mehr daraus, dass es ihm im anhaltenden US-chinesischen Handelsstreit längst auch um die digitale Vormachtstellung geht. Und die US-Institutionen scheinen ihm zu folgen.
Datenschützer besorgt
Die US-Verbraucherschutzbehörde FTC hat bereits im Februar wegen des angeblich unerlaubten Sammelns von Nutzerdaten von Minderjährigen eine Geldbuße in Höhe von 5,7 Millionen Dollar gegen ByteDance verhängt, die bislang höchste Strafe zum Schutz der Privatsphäre von Kindern im Internet. Facebook, das sehr viel mehr Daten von Minderjährigen gesammelt hat, ist noch nicht so hart bestraft worden.
Doch auch Datenschützer anderer Länder sind besorgt: In China wenden die Software bereits eifrig Sicherheitsbehörden an, die sich auf Gesichtserkennung spezialisiert haben. Das Gesicht einer im Video auftauchenden Person reicht aus, um sie zu identifizieren. Sie befürchten, die chinesischen Gesichtserkennungsalgorithmen könnten mithilfe der TikTok-Daten regelrecht trainiert werden
ByteDance streitet diese Vorwürfe ab. Die Daten amerikanischer oder europäischer TikTok-Nutzer würden allesamt auf Servern gespeichert, die außerhalb Chinas stehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe