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Chinas Strategie im Ukraine-KriegPeking schickt Sondergesandten

Staatschef Xi hat erstmals seit Kriegsbeginn mit dem ukrainischen Präsidenten Selenski telefoniert. Das Gespräch markiert eine Kehrtwende Chinas.

Sprach zum ersten mal mit dem ukrainischen Präsidenten Selenski: Xi Jinping Foto: Li Xueren/Xinhua/imago

Es war ein Telefonanruf, auf den Europa 14 Monate lang warten musste: Erstmals seit Beginn der russischen Invasion sprach Chinas Staatschef Xi Jinping am Mittwoch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenski. Dieser bezeichnete das Telefonat auf Twitter als „bedeutungsvoll“, zudem werde es „einen starken Impuls für die Entwicklung unserer bilateralen Beziehungen“ setzen.

Und wie aus der chinesischen Stellungnahme hervorgeht, produzierte das Gespräch auch zwei handfeste Ergebnisse: Einerseits wird die chinesische Regierung einen Sondergesandten für eurasische Angelegenheiten in die Ukraine schicken, um dort Gespräche für eine politische Lösung des Kriegs zu führen. Ebenfalls wird Peking humanitäre Hilfe nach Kyjiw entsenden.

Die restlichen Gesprächspunkte fallen unter die Kategorie symbolische Rhetorik: Xi Jinping sicherte zu, dass man sich für baldige Friedensgespräche einsetze und „keine Partei“ in dem Konflikt sei. Und er wiederholte auch seine Warnung vor einer nuklearen Eskalation: „Es gibt keine Gewinner in einem Atomkrieg“, sagte Chinas Staatschef.

Gleichzeitig gibt es keine grundsätzliche Abkehr von der chinesischen Position, die sich als „prorussische Neutralität“ zusammenfassen lässt: Weiterhin nennt Chinas Regierungs­apparat den Krieg euphemistisch die „Ukrainekrise“, meidet jegliche Kritik an Putin und verweist bei der Schuldfrage einzig und allein auf die angeblichen Provokationen der Nato und die Waffenlieferungen der USA, die „Öl ins Feuer gießen“ würden.

Pompöser Besuch in Moskau

Grundsätzlich muss man den Anruf vom Mittwoch auch unter diesem Gesichtspunkt betrachten: Während Xi Jinping nach etlichen Aufrufen nun das erste Mal mit Selenski spricht, tat er dies bereits fünfmal mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin – inklusive eines pompösen Staatsbesuchs in Moskau zu Beginn des Jahres.

Die Vorgehensweise Xis stellt aber zugleich eine deutliche Kehrtwende dar: Früher behielt die chinesische Regierung bei außenpolitischen Maßnahmen stets im Blick, Washington zufrieden zu stellen. Derzeit jedoch macht Peking deutlich, dass es seinen eigenen Weg gehen möchte. Denn der Telefonanruf war vor allem auch ein Versprechen, das Xi Jinping der Europäischen Union gegeben hatte während seines Treffens mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Den USA gab er kein solches Versprechen ab.

China will durch das Telefonat mit Selenski seine eigene Position stärken – indem es die Beziehungen mit Europa, immerhin Chinas wichtigstem Handelspartner, verbessert. Nicht zuletzt liegt Pekings Interesse darin, einen transatlantischen Schulterschluss zwischen Brüssel und Washington zu vermeiden.

Anruf kommt zum kritischen Zeitpunkt

Der Anruf zwischen Xi und Selenski kommt zu einem kritischen Zeitpunkt. Erst letzten Freitag sorgte der chinesische Botschafter in Paris mit einem Fernsehinterview für Furore, in dem er die Souveränität der Ukraine und der anderen ehemaligen Sowjetrepubliken in Frage stellte. Offensichtlich handelte es sich dabei um einen nicht koordinierten Alleingang. Doch innerhalb der Europäischen Union war eine Menge Porzellan zerschlagen.

Aus Sicht Brüssels bewegt sich China nun diplomatisch – wenn auch viel zu langsam – in die richtige Richtung. Als kürzlich Macron und von der Leyen in Peking waren, gab Xi bereits ein deutliches Versprechen ab, an Russland keine Waffen zu senden.

Doch strategisch hat Peking weiterhin eine tiefe Verpflichtung gegenüber Moskau, an der nicht zu rütteln ist: Einerseits teilen die zwei Länder eine 4.000 Kilometer lange Landesgrenze und müssen also bereits aus geografischer Verpflichtung miteinander auskommen. Doch Xi Jinpings taktisches Kalkül reicht darüber hinaus: Mit dem russischen Präsidenten Putin hat er einen Partner – und ein ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats – an seiner Seite, mit dem er die von den USA angeführte westliche Weltordnung herausfordern möchte.

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9 Kommentare

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  • Als China vor sechs acht Wochen eine Friedensinitiative (die den Namen nicht verdient hat) startete wurde China ausgelacht.



    Nun respektiert wenn telefoniert wird.



    Morgen wird man sich dankbar zeigen wenn die Russland unter Druck setzen.



    Aber ganz wichtig: Wir haben stets Recht behalten, egal ob wir lachen, respektieren oder dankbar sind. Schlimme Zeiten!

  • Na China wird nicht zuschauen, wie Deutschland dort das Geschäft alleine übernimmt a la Bayer.

  • Der Ukrainekrieg wird das Moment Chinas. Nichts geht an China vorbei. Das ist der Moment der China als neue Weltmacht zementiert.

    • @nutzer:

      Das halte ich natürlich für Quatsch mit der zementierten Weltmacht. Dazu fehlt letztlich die militärische Logistik sowie Standorte oder Verbündete. Mit Abhängigkeiten und Zweckgemeinschaften kommt man nicht so weit.



      Dass China nun aber geschickt Vorteile für sich ziehen kann ist evident. Hier billige langfristige Energie, dort Deeskalation und woanders Anerkennung und weniger Kritik für das eigene Doing ist klar.

    • @nutzer:

      Soweit würde ich noch nicht gehen. Aber wenn es Erfolg hat könnte es ein wichtiger Baustein sein. Aber wegen des demografischen Wandels in China, frage ich mich ob es wirklich die Nummer 1 werden wird.

    • @nutzer:

      Acha, weil die Chinesen soviel tun in Bezug auf den Krieg oder wieso?



      Aber klar, die haben noch 10-20 Jahre die von Ihnen herbeigeredete Weltmacht zu sein. Dann geht das Wasser aus.

    • @nutzer:

      Wir in Europa haben ja auch Jahrzehnte darauf hingearbeitet: Technologietransfer, Export moderner westlicher Infrastruktur und einhergehend eine hohe wirtschaftliche Abhängigkeit. Weltmacht Made in Europe.

    • @nutzer:

      Nein, das ist der gratwandernde Versuch Chinas es sich nicht mit Europa zu verscherzen, denn man möchte den wichtigen Handelspartner nicht verlieren.

      Ohne Halbleitertechnik aus dem Westen kann China nämlich keine höherwertige Elektronik produzieren, und ohne Kunden im Westen ist Schluss mit dem chinesischen Wohlstand.

      China ist keine Weltmacht, und ohne den Westen auch nicht mehr lange Regionalmacht.

      • @Thomas Schnitzer:

        nein, das sehe ich nicht so. China ist geopolitisch der Gegenpol zu den USA, das mag militärisch etc. noch nicht so sein, aber China wird in der Welt so wahrgenommen. Daraus entwickelt sich das Momentum. Und wirtschaftlich abhängig sind wir von den Chinesen so wie sie von uns, das ist ein Patt. Ein China das nicht spurt können die Europäer nur mit Samthandschuhen anfassen. Taiwan hin oder her. Mit Sanktionen schießen wir uns ins eigene Bein, da braucht China nichts fürchten.