Putin in Peking: Xi rollt Putin roten Teppich aus
Bei seinem Staatsbesuch demonstriert Wladimir Putin große Einigkeit mit Xi Jinping. Beide Seiten wollen ihre Zusammenarbeit weiter vertiefen.
Dass Putin beim ersten Auslandsbesuch seiner neuen Amtszeit wirtschaftliche Deals machen wollte, lag auf der Hand. Schließlich braucht Russland den Handel mit China, um westliche Sanktionen umgehen zu können. Ein knappes Dutzend Verträge haben beide Seiten unterschrieben – von Infrastruktur über Informationsaustausch bis hin zum Energiesektor.
Begleitet wurde der Signatur-Marathon von einem lobhudelnden Pressestatement. Xi wie Putin gaben an, die Zusammenarbeit beider Staaten weiter ausbauen zu wollen.
Russlands Präsident ging es jedoch nicht nur um wirtschaftliche Profite: Sowohl Putins alter wie der neue Verteidigungsminister saßen mit ihm am Tisch. Schon die Agenda des Staatsbesuchs dürfte in Brüssel und Washington alle Alarmglocken aufschrillen lassen. So wird Putin am Freitag im Norden Chinas das Harbin Institute of Technology (HIT) besuchen.
Putin ist hilfreich, um dem Westen eins auszuwischen
Mathieu Duchâtel, Analyst beim französischen Institut Montaigne, bezeichnet dies als „bedeutsame Entscheidung“, die zwei Dinge aussage: dass China und Russland sich gegen US-Sanktionen solidarisieren würden und dass China seine Verteidigungstechnologie verstärkt Russland zugänglich mache.
Das HIT zählt zu den Universitäten mit starken Beziehungen zu Chinas Militär. Laut der australischen Denkfabrik ASPI gibt das HIT fast die Hälfte seines Forschungsbudgets für den Verteidigungsbereich aus.
Dass China den russischen Präsidenten derart hofiert, hat nicht nur mit dem florierenden bilateralen Handel zu tun. Natürlich profitiert Peking stark von Russlands günstigen Öllieferungen. Doch Xi geht es um mehr: Putin ist als Partner hilfreich, um dem Westen einen Schlag zu versetzen. Gemeinsam wollen die zwei Atommächte die internationale Weltordnung unterminieren.
Insbesondere zum jetzigen Zeitpunkt ist die chinesisch-russische Partnerschaft eine offene Herausforderung für den politischen Westen. Man erinnere sich nur an die letzten Wochen: Sowohl Olaf Scholz als auch Emmanuel Macron haben den chinesischen Machthaber im persönlichen Gespräch gebeten, dass China seinen Export von „Dual Use“-Gütern nach Russland reduzieren solle – also jene Güter wie optische Sensoren und Drohnenteile, die Moskau für seine Rüstungsindustrie benötigt. Und nun wird Putin mit demonstrativem Willkommen empfangen.
Europas Botschaft wird in Peking nicht ernst genommen
Dass Europas Botschaft in Peking nicht ernst genommen wird, dürfte auch an der Uneinigkeit innerhalb der EU liegen. Denn Xi weiß, dass er die Interessen der einzelnen Staaten geschickt gegeneinander ausspielen kann, wenn er wirtschaftliche Lockerungen und bessere Marktzugänge in Aussicht stellt.
Nur die Drohkulisse der USA scheint bislang zu wirken. Dass Chinas Exporte nach Russland zu Beginn des Jahres wieder zurückgegangen sind, hat mit US-Sanktionsdrohungen zu tun: Außenminister Antony Blinken hatte in Peking deutlich gemacht, dass Chinas Unterstützung von Putins Kriegsmaschinerie Konsequenzen haben wird. Deshalb haben die meisten chinesischen Firmen Angst, ins Visier von US-Sanktionen zu geraten.
Immerhin haben Xi und Putin während der gemeinsamen Gesprächen den Ukraine-Krieg prominent thematisiert, auch wenn beide stets nur von einer „Krise“ sprachen. „Beide Seiten sehen eine politische Einigung als den richtigen Weg, um die Ukrainekrise zu lösen“, sagte Xi.
Was auf dem Papier gut klingt, dürfte in der Praxis wenig glaubhaft sein. Denn China unterstützt Verhandlungen de facto nur zu Russlands Bedingungen.
Peking lässt Teilnahme an Friedenskonferenz offen
So hat Peking bislang die für Mitte Juni in der Schweiz geplante Friedenskonferenz nicht öffentlich unterstützt und noch nicht einmal bestätigt, ob China mit einer Delegation teilnehmen wird. In diplomatischen Kreisen heißt es, hochrangige Vertreter der Volksrepublik könne man ausschließen.
Bis heute beschuldigt China beim Ukraine-Konflikt fast nur die USA, die „Öl ins Feuer“ gießen würden. Russland hingegen habe „legitime Sicherheitsinteressen“ und wurde von Peking mit keiner einzigen Silbe kritisiert. Auch dass Putin erneut mit Nuklearwaffen droht, war jetzt kein Thema.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ex-Wirtschaftsweiser Peter Bofinger
„Das deutsche Geschäftsmodell funktioniert nicht mehr“
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Prozess zu Polizeigewalt in Dortmund
Freisprüche für die Polizei im Fall Mouhamed Dramé
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Leben ohne Smartphone und Computer
Recht auf analoge Teilhabe
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?