Chinareise des Bundeskanzlers: Olaf Scholz erklärt sich
Kanzler Olaf Scholz verteidigt in einem Zeitungsbeitrag seine umstrittene Reise nach China. Vor allem die Grünen sind sauer.
In dem Beitrag versucht Scholz sowohl Kritiker:innen als auch die Gastgeber:innen zu beschwichtigen. Den Kritiker:innen gibt er im Grunde recht. „Das China von heute ist nicht mehr dasselbe wie noch vor fünf oder zehn Jahren“, schreibt er und folgert: „Wenn sich China verändert, muss sich auch unser Umgang mit China verändern.“
An die Adresse Pekings gerichtet, wo Scholz am Freitag mit einer Wirtschaftsdelegation eintrifft, wirbt der Kanzler: China bleibe auch unter veränderten Bedingungen ein wichtiger Handelspartner für Deutschland und Europa. „Wir wollen keine Entkopplung.“
Scholz verspricht aber, bei seinem Besuch schwierige Themen nicht auszuklammern: „Hierzu zählt die Achtung bürgerlicher und politischer Freiheitsrechte sowie die Rechte ethnischer Minderheiten etwa in der Provinz Xinjiang“, schreibt Scholz. In Xinjiang hat die chinesische Regierung Hunderttausende Uiguren in Umerziehungslager gesperrt und zur Zwangsarbeit verdammt. Exilvertreter:innen der muslimischen Volksgruppe hatten Scholz deshalb aufgefordert, auf die Reise zu verzichten.
Grüne beobachten Scholz genau
Sauer über die Kanzlerreise sind auch die Grünen. Es wäre besser gewesen, wenn Scholz neben Wirtschaftsvertretern auch Personen und Organisationen mitgenommen hätte, die mit einem Einreiseverbot belegt sind, äußerte sich Grünen-Chef Omid Nouripour zuerst gegenüber der Funke-Mediengruppe und erinnerte an die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Vereinbarung, die Kooperation mit China auf Grundlage der Menschenrechte auszugestalten. Bei den Grünen beobachtet man sehr genau, wie deutlich sich Scholz bei der für Freitagnachmittag anberaumten Pressekonferenz positionieren wird.
Scholz reist als erster westlicher Politiker kurz nach dem Parteitag der Kommunistischen Partei nach China, bei dem diese eine noch strengere Überwachung der Bevölkerung, mehr Machtkonzentration bei Präsident Xi Jinping und weitere Abschottung gegenüber dem Westen beschloss. Das weiß auch Scholz und schlussfolgert: Man werde einseitige Abhängigkeiten abbauen – „etwa bei wichtigen Rohstoffen oder bestimmten Zukunftstechnologien“. Welche, lässt er offen.
Der Kanzler verteidigt in der FAZ dagegen den von ihm gegen seine Fachminister:innen durchgesetzten Teilverkauf eines Hamburger Hafenterminals an die chinesische Reederei Cosco: „Dank klarer Auflagen bleibt die volle Kontrolle des Terminals bei der Stadt Hamburg.“ Doch Hamburg ist nur ein Puzzleteil in einem größeren Spiel: China kauft sich im Rahmen der Seidenstraßenstrategie in europäische Häfen ein, um so eine marktbeherrschende Stellung im Handel zu erlangen. Umgekehrt würde es sich China verbitten, wenn sich europäische Firmen mit diesem Ziel in chinesische Häfen einkauften.
Von Augenhöhe keine Spur
Von Gegenseitigkeit in den Beziehungen zwischen China und Deutschland sei man „weit, zu weit entfernt, etwa im Hinblick auf den Marktzugang für Unternehmen“, konstatiert auch Scholz und warnt: „Wo China diese Gegenseitigkeit nicht zulässt, kann das nicht folgenlos bleiben.“
Im konkreten Fall hat es allerdings keine Folgen. Im Gegenteil. Wie das Handelsblatt berichtet will das Kanzleramt offenbar einen weiteren Deal durchwinken: Eine Tochterfirma des chinesischen Konzerns Sai Microelectronics will den Dortmunder Chiphersteller Elmos aufkaufen. Das sehen selbst SPD-Politiker wie Kevin Kühnert kritisch.
Die Sorge ist groß, dass Deutschland im Umgang mit China die gleichen Fehler wiederholt wie bei Russland und sich zu spät aus der toxischen Abhängigkeit von einer skrupellosen Autokratie befreit. Nouripour erinnert an die neue Chinastrategie, die die Bundesregierung erarbeiten wolle. Diese müsse sich den neuen Realitäten der Zeitenwende anpassen. Sie wird gerade im Außenministerium erarbeitet und soll wohl im nächsten Jahr vorliegen. So lange will Scholz die Chinesen nicht warten lassen.
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