China verschärft Kontrolle der Presse: Schluss mit Nische der Freiheit
Journalisten in der Volksrepublik müssen für den Presseausweis nun auch ihre Profile in den sozialen Netzwerken staatlich prüfen lassen.
Doch nun wird auch eine letzte Nische der chinesischen Meinungsfreiheit weiter eingeschränkt. Als Teil eines alljährlichen Überprüfungsprozesses werden seit diesem Jahr alle persönlichen Publikationen von Journalisten auf sozialen Medien ausgewertet – ganz gleich, ob diese privat oder als Teil der öffentlichen Berufsrolle gepostet wurden.
Erst dann entscheidet sich, ob die Presseausweise für einzelne Kollegen verlängert oder entzogen werden. In der Ankündigung der Pekinger „Generalbehörde für Presse und Publizistik“ vom 19. Januar begründet man die Entscheidung im blumigen Duktus der Kommunistischen Partei: „Um das wichtige Gedankengut von Generalsekretär Xi Jinping zu Propaganda und ideologischer Arbeit gründlich umzusetzen“.
Die scheinbar kleine Änderung bringt nachhaltige Konsequenzen mit sich. Denn in den letzten Jahren haben viele Redaktionen, die bestimmte heikle Recherchen nicht auf ihren Zeitungsseiten oder Webseiten publizieren durften, diese auf sozialen Medien gepostet. Die roten Linien der Zensurbehörden sind fließend – und selbst für erfahrene Journalisten oft nicht immer zu erkennen.
Immer mehr staatliche Kontrolle im Netz
Seit Jahren florieren zudem die sogenannten „Wir-Medien“ in China, bei denen ganz normale Bürger auf Onlineplattformen Inhalte publizieren. So hat beispielsweise die in Wuhan lebende Autorin „Fang Fang“ ihre in China millionenfach gelesenen Tagebücher über den Virusausbruch auf dem Twitter-ähnlichen Weibo publiziert, während traditionelle Medien die kritischen Essays nicht aufgreifen durften.
Laut dem Pressefreiheit-Index der Pariser NGO „Reporter ohne Grenzen“ landet die Volksrepublik China auf dem 177. von insgesamt 180 Plätzen, kaum ein Land sperrt mehr Journalisten hinter Gitter. Die Staatsführung hat seit Xi Jinpings Amtsantritt die Zügel der Pressefreiheit massiv angezogen. Grundsätzliche Kritik, die am Legitimitätsanspruch der Kommunistischen Partei kratzt, wird mit rigoroser Härte des Sicherheitsapparats verfolgt.
Neu ist auch, dass verstärkt gegen herkömmliche User auf ausländischen Plattformen vorgegangen wird – etwa Twitter oder Facebook, die offiziell innerhalb der Volksrepublik verboten und nur über eine sogenannte VPN-Software zu erreichen sind. Innerhalb der letzten drei Jahre haben die Behörden mehr als 50 Bürger zu Gefängnisstrafen wegen kritischer Posts auf Twitter und Co verurteilt. Dabei ging es vornehmlich um Kritik an Themen, die die Kommunistische Partei als sensibel betrachtet: die Protestbewegung in Hongkong, den rechtlichen Status Taiwans oder die Menschenrechtsverletzungen in Xinjiang.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Der Check
Verschärft Migration den Mangel an Fachkräften?