piwik no script img

Autoritäres Bündnis Russlands und ChinasXi und Putin demonstrieren Einigkeit​

Sie loben sich und unterzeichnen 20 Abkommen: Chinas Präsident und Russlands Präsident rücken immer näher zusammen. In Sachen Ukraine lässt Xi Russland freie Hand.

Sitzen an einem Tisch: der russische Präsident Wladimir Putin (l) und der chinesische Präsident Xi Jinping Foto: Alexander Kazakov/Sputnik/ap

Seoul taz | Wer sich von Xi Jinpings Treffen mit Wladimir Putin ein paar kritische Zwischentöne erwartet hatte, wurde am Dienstag herbe enttäuscht. Zwischen die zwei Staatschefs passt derzeit kein Blatt. Die russisch-chinesischen Beziehungen seien auf „beispiellos hohem Niveau“, sagte Putin. Und Xi erwiderte: China und Russland haben den Test der Zeit bestanden und werden sich auch weiterhin gegenseitig unterstützen.

Vor allem für Europa ist ihr Treffen eine enttäuschende Niederlage. Und die lässt sich sogar quantitativ bemessen: Ganze 20 Abkommen haben Xi und Putin in der Großen Halle des Volkes unterschrieben – zu Themen wie Energie, künstliche Intelligenz bis hin zu Landwirtschaft. Doch kein einziges Mal haben die beiden Präsidenten das Kernanliegen der EU erwähnt: einen Frieden für die Ukraine. Das Schicksal des kriegsgebeutelten Landes wurde nur am Rande mit einer höchst indirekten Anspielung abgefrühstückt: Beide Seiten unterhielten sich über „regionale Fragen von gemeinsamem Interesse“.

Damit sind wohl sämtliche Hoffnungen begraben, dass Chinas Staatschef seinen Druck auf Wladimir Putin geltend macht, baldige Verhandlungen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj aufzunehmen. Möglich wäre dies sehr wohl, doch offensichtlich fehlt es Peking am politischen Willen. Schließlich ist die Abhängigkeit Russlands gegenüber der Volksrepublik bereits derart erdrückend, dass Xi längst ein Machtwort hätte sprechen können.

Die russische Abhängigkeit lässt sich der chinesische Parteichef nun jedoch in Form von wirtschaftlichen Rabatten bezahlen. Denn wie der russische Staatsbetrieb Gazprom am Dienstagmorgen mitteilte, habe man mit der chinesischen Seite eine Einigung über den Bau der neuen Gas-Pipeline „Power of Siberia 2“ unterschrieben. Bis zu 50 Millionen Kubikmeter könne der Energieriese nun pro Jahr zusätzlich ins Reich der Mitte liefern – und zwar, so betont Gazprom, zu deutlich niedrigeren Preisen, als man sie von europäischen Kunden aufruft.

Peking will Energiesicherheit und kooperiert mit Russland

Die chinesischen Staatsmedien haben den Deal zwar noch nicht offiziell bestätigt. Er würde tatsächlich einen weiteren Durchbruch in den bilateralen Beziehungen der beiden Länder darstellen. Schließlich hat sich Peking lange Jahre gegen den Bau der „Siberia 2“ gesträubt. Hintergrund der chinesischen Zurückhaltung ist eine klassische Strategie der Risikominderung: Peking möchte sich für seine Energiesicherheit nicht von einem einzigen Staat zu abhängig machen. Das Vertrauen in Russland als zuverlässigen Partner scheint aber groß genug, um diesen Schritt zu gehen.

Wie es sich für die „alten Freunde“ gehört, hat Xi den Gast aus Moskau nach den offiziellen Gesprächen noch hinter die verschlossenen Mauern des Regierungsviertels Zhongnanhai geführt. In seiner dortigen Residenz gab der Parteikader ein Bankett. Es ist ein derart herzlicher Empfang, wie ihn derzeit wohl kein anderes Staatsoberhaupt in der chinesischen Hauptstadt erhalten würde.

Am Mittwoch wird Putin dann auf der Zuschauertribüne am Platz des Himmlischen Friedens erwartet. Wahrscheinlich dürfte er den Platz an Xis rechter Seite ergattern. Dann schauen die beiden Autokraten auf die Militärparade der chinesischen Volksbefreiungsarmee, die an diesem Tag die Kapitulation Japans und das Ende des Zweiten Weltkriegs zelebriert.

Xi wird dabei betonen, dass der Westen „die historisch korrekte Sichtweise“ auf jenes geschichtliche Kapitel einnehmen müsse. China und Russland sind laut der Propaganda Pekings verantwortliche Friedensmächte. Dass Putin den Krieg zurück nach Europa gebracht hat, wird während der Jubel-Show am Tiananmen-Platz wohl keine Rolle spielen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare