China reagiert wütend: Dalai Lama bei Obama
Erstmals seit drei Jahren hat US-Präsident Obama am Freitag den Dalai Lama im Weißen Haus empfangen. Die chinesische Regierung protestiert.
PEKING taz | Es soll sich lediglich um ein Treffen in einem Saal im Erdgeschoss des Weißen Hauses handeln und nicht im präsidialen Oval Office. Doch der chinesischen Führung ist diese Unterscheidung egal. Sie zeigt sich empört darüber, dass Barack Obama am Freitag den Dalai Lama zu einem einstündigen Gespräch trifft.
Das Treffen des US-Führers mit dem Dalai sei „eine grobe Einmischung in Chinas innere Angelegenheiten“, wetterte die Sprecherin des chinesischen Außenministeriums, Hua Chunying, am Freitag - noch bevor das Treffen überhaupt stattgefunden hat. Sie warf dem US-Präsidenten vor, „antichinesische Aktivitäten” zu fördern. „Das Treffen wird den Beziehungen zwischen China und den USA großen Schaden zufügen.”
Die kommunistische Führung in Peking betrachtet den Dalai Lama als Separatisten, der das seit 1950 annektierte Tibet von der Volksrepublik abspalten wolle. Obwohl das geistige Oberhaupt der Tibeter mehrfach versichert hat, dass er eine Unabhängigkeit gar nicht anstrebe, sondern sich lediglich für mehr religiöse und kulturelle Freiheiten in Tibet einsetze, nimmt ihm die chinesische Führung das nicht ab.
Sie macht dem 78-Jährigen zudem verantwortlich für die mehr als 120 Selbstverbrennungen der vergangenen Jahre. Aus Unmut über die chinesische Besatzung zünden sich regelmäßig in den tibetisch besiedelten Gebieten Chinas Mönche, Nonnen und Bauern selbst an. Die chinesischen Sicherheitsbehörden reagieren mit harter Repression gegen die Bevölkerung.
Letzter Empfang: Juli 2011
Wie die meisten westlichen Länder sympathisieren die USA mit dem Dalai Lama. Auf seiner derzeitigen Rundreise durch die Vereinigten Staaten wird er stets mit großem Jubel empfangen. Allerdings betont die US-Regierung, dass sie den Status Tibets als ein Teil der Volksrepublik nicht anzweifle. Sie unterstütze lediglich die Forderungen des Dalai Lama nach mehr Autonomie.
Obama hatte den Dalai Lama im Juli 2011 schon einmal im Weißen Haus empfangen. Auch damals hatte die chinesische Führung den US-Präsidenten heftig protestiert und mit Konsequenzen gedroht. Die blieben aber aus. Die Beziehungen zwischen China und den USA befanden sich 2011 und in den Folgejahren ohnehin auf einem Tiefpunkt. Der arabische Frühling hatte in den westlichen Staaten die Hoffnung genährt, dass sich auch China politischen Reformen öffnen würde. Stattdessen aber unterdrückte die chinesische Führung umso heftiger den Nachrichtenfluss aus dem Ausland und ging gegen Dissidenten vor.
Seitdem Xi Jinping vor einem Jahr das Amt des chinesischen Staatsoberhauptes übernommen hat, nähern sich beide Staaten wieder an. Im Umgang mit Nordkorea hat sich China im vergangenen Jahr von seinem einstigen Bruderstaat abgewandt, nachdem Pjöngjang entgegen der Absprachen eigenmächtig einen Atomtest abhielt. China ist nun um eine gemeinsame Strategie mit den USA bemüht.
John Power, Asien-Politologe der National University in Australien, glaubt daher auch, dass die Auswirkungen des Dalai Lama-Empfang im Weißen Haus gering bleiben dürften. Peking müsse schon aus Prinzip Protest erheben, gilt der Dalai Lama in China doch offiziell als Hochverräter. Die Wortwahl sei aber immer die gleiche. „Nichts ist passiert.“
Das mag in Bezug auf die Beziehungen mit den USA zutreffen. Weniger einflussreiche Staaten haben es jedoch schwerer. Nachdem Großbritanniens Premierminister David Cameron kurz nach seinem Amtsantritt den Dalai Lama empfing, wurden in Peking daraufhin die politische Beziehungen mit den Briten auf Eis gelegt. Es dauerte anderthalb Jahre bis die chinesische Führung sich versöhnlich zeigte und Cameron empfing.
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