Champions-League-Sieger PSG: Fußball ohne jede Kontrolle
Spielerisch überlegen, weil ökonomisch überlegen? Ja, aber der Sieg von PSG war auch ein politisches Symbol.

N ach dem Erfolg einer stolzen Republik hört sich das nicht an. Paris sei „endlich König von Europa“, schriebt Le Parisien, und Le Monde hat „eine lang ersehnte Krönung“ erblickt. Die Zeitungen kommentieren den 5:0-Sieg, mit dem der Paris Saint-Germain Football Club am Samstag in München die Champions League der Männer gegen Inter Mailand gewonnen hat.
Sensationell gewonnen, das muss man hinzufügen, denn ein 5:0-Sieg in so einem Spiel, auf dem Niveau fußballerischer Weltklasse, das drückt eine unfassbare Dominanz aus. Es ist eine derartige Überlegenheit, dass sie nicht allein sportlich, mit den Mitteln der Fußballanalyse, zu erklären ist. Die Überlegenheit ist allerdings auch nicht allein ökonomisch zu erklären. Denn das Team, das der katarische Staatsfonds Qatar Sports Investments zusammengekauft hat, ist zwar etwas weniger als eine Milliarde Euro wert, aber das ist kaum mehr als Bayern München und weniger als Manchester City.
Um ganz zu verstehen, was sich da am Samstagabend ereignet hat, müssen wir noch mindestens eine weitere Kategorie bemühen: Der 5:0-Sieg war – wollen wir mal nicht übertreiben: auch – ein politisches Symbol. Er zeigt uns nämlich, wie wir uns über die Jahre an Zustände gewöhnen, von denen wir wussten, dass sie schlimm sind.
Dass das Emirat Katar nicht mit Profitinteresse in den Fußball investiert hat, war immer klar. Dass die Millionen an Petrodollars nicht aus Liebe zum Sport flossen, war noch klarer.

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Sportswashing lautet der Fachausdruck. Doch auch der erklärt noch nicht alles. Die fußballerische Herrschaft des Emirats, ausgeübt von dem Milliardär Nasser al-Khelaïfi, versinnbildlicht, dass es im durchkapitalisierten Fußball immer noch ein bisschen schlimmer geht. Gerade weil der Fußball ohne jegliche demokratische Kontrolle agiert, werden Entwicklungen wie der Triumph von PSG möglich. Der 5:0-Sieg am Samstag symbolisiert die Normalisierung von Zuständen, von denen wir doch wissen, dass sie unhaltbar sein sollten. Da von „Krönung“ und „König“ zu sprechen, drückt also unbeabsichtigt eine traurige Wahrheit aus.
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