Cem Özdemir in der taz: „Wir haben harte Gegner“
Cem Özdemir bittet beim Umbau der Tierhaltung um Geduld: Schließlich würden die Grünen nicht allein regieren, die Widerstände seien groß.
Berlin taz | Bundesagrarminister Cem Özdemir hat Vorwürfe zurückgewiesen, er sei etwa beim Umbau der Tierhaltung zu lasch gegenüber der FDP. „Wir Grüne sind fest davon überzeugt, dass wir sehr gute Argumente haben. Wir sollten aber nicht vergessen: Das sind andere Parteien auch. Und da wir nun mal nicht alleine regieren, braucht es eben auch Kompromisse, um zum Ziel zu kommen“, sagte der Grünen-Politiker der taz (Dienstagausgabe). Seine Macht sei begrenzt. „Der Staatsaufbau der Bundesrepublik Deutschland sieht nicht vor, dass der Bundeslandwirtschaftsminister am Parlament, den Koalitionspartnern, dem Bundesrat und der EU-Kommission vorbei das Recht aushebeln kann“, so der Minister.
„Das Schöne an meiner Arbeit ist ja, dass ich die Kritik der Umwelt- und Tierschutzseite selber zitieren kann, weil ich sie in vielen Fragen teile. Ich bitte nur um Geduld. Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut. Vergessen wir nicht: Wir bauen da gerade ein System grundlegend um“, ergänzte Özdemir. „Ich habe auch harte Gegner, die den Umbau nicht wollen. Die Krise der Tierhaltung in Deutschland trifft ja nicht alle gleichermaßen. Vor allem die kleineren, landwirtschaftlichen Betriebe haut es aus der Kurve. Andere haben sich aber auch sehr gut damit eingerichtet, und die sind sehr wortstark und gut organisiert. Nicht jeder sieht die politische Notwendigkeit, dass auch kleine, familiengeführte Höfe mit tiergerechter Haltung eine Zukunft haben.“
Zuletzt hatten am Montag die OrganisatorInnen der für Samstag in Berlin geplanten „Wir haben es satt“-Demonstration für eine Agrarwende kritisiert, dass Özdemir „zu wenig für den notwendigen Umbau der Landwirtschaft und die sozial gerechte Ernährungswende unternimmt“. Tierschützer werfen ihm zum Beispiel vor, zu wenig Zuschüsse für Landwirte bereitzustellen, die ihr Vieh artgerechter halten wollen. Die Kriterien seines geplanten verpflichtenden Tierhaltungskennzeichens seien zu weich.
Leser*innenkommentare
Theseus
Ich möchte maximal Geld u. Macht - aber bitte nachhaltig, einfühlend und klimaneutral. Geht das ?
wxyz
"Und da wir nun mal nicht alleine regieren, braucht es eben auch Kompromisse, um zum Ziel zu kommen"
Nicht alles braucht Kompromisse. Bei so manchem würde es völlig reichen, bei Fragestellungen eine etwas andere Formulierung zu wählen und dann namentlich darüber abstimmen zu lassen.
Beispiel: Man muß nicht unbedingt lapidar fragen, wer für das Gesetz X stimmt. Man könnte auf fragen, wer dafür ist, weiterhin Tiere auf schlimmste Weise zu quälen, oder auch, wer dafür ist, ab sofort Tiere nicht mehr grausam zu quälen.
Sinnentsprechend könnte dies auch auf andere Bereiche ausgedehnt werden. Z.B. könnte man fragen, wer dafür ist, daß die Lebenszeit armer Menschen fortan nicht mehr mittels chronischer Unterversorgung um bis zu 8 Jahre verkürzt wird, oder die Gegenfrage stellen, wer dafür ist, daß arme Menschen weiterhin bis zu 8 Jahre früher sterben.
Eine solche Änderung würde es erzwingen, daß unsere Volksvertreter ihre Maske fallen lassen und ihr wahres Gesicht zeigen müssen.
Herry Kane
Schon klar, aus welcher Ecke die Widerstände kommen.
Rolf B.
Langsam wird es langweilig. Diese ewigen Ausflüchte der Grünen. Immer sind es die anderen. Ob Tempo 130, Erweiterung der Kohleverstromung oder Tierschutz.
Frau Flieder
Wünschenswert wäre es, einfach mal zu handeln.
Einfach machen!
05867 (Profil gelöscht)
Gast
Hr Özdemir sollte einfach seine ursprünglichen Pläne ändern und dem Wunsch Fleischindustrie nachkommen. Zukünftig könnten dann zB auch konventionelle Massentierhalter genauso gefördert werden, wie Landwirte, die gute Haltungsbedingungen für ihre Tiere haben. Gleiches Geld für alle. Ist nur gerecht...
Wir würden es den Grünen nicht übel nehmen. Nicht mehr, zumindest...
Wir erwarten ja von ihm und seiner Partei nicht mehr die Erfüllung der Wahlversprechen zur BTW oder gar eine klimabewußte, fortschrittliche Politik.
Weil wir seit Lützerath wissen, was wir von den Grünen zu halten haben.