Cem-Odos Güler über den Afghanistan-Untersuchungsausschuss: Der schlechte Deal wirkt bis heute
Es gilt als das schlechteste internationale Abkommen, das die USA je ausgehandelt haben. Es ist fünf Jahre her und für viele vergessen. Ende Februar 2020 unterzeichnete die US-Regierung in Doha einen Vertrag mit den Taliban und besiegelte den Truppenabzug der Nato aus Afghanistan. Die Parallelen zu den in Riad stattfinden Gesprächen zwischen den USA und Russland sind frappierend: Donald Trump, damals wie heute US-Präsident, stellte keine Bedingungen für das Ende des Einsatzes in Afghanistan. Damals wie heute hatten andere Nato-Staaten bei den Verhandlungen nichts zu melden.
Der blutigste, teuerste und längste Einsatz in der Geschichte des westlichen Bündnisses endete damit, dass der US-Präsident einen Deal über die Köpfe der Beteiligten hinweg machte. Der Rest ist bekannt: Kurz nach dem Abzug der USA und ihrer Alliierten, übernahmen die Taliban wieder die Herrschaft. Die Bilder des chaotischen Truppenabzugs gingen um die Welt. Das wenige, was in den 20 Jahren in Afghanistan erreicht wurde, wurde innerhalb weniger Tage zurückgedreht.
Es gibt eine weitere Parallele: Zur Zeit des Truppenabzugs war Deutschland mit sich selbst beschäftigt, 2021 stand eine Bundestagswahl an. Das zeigt sich nicht nur am Schicksal der deutschen Ortskräfte, die schon damals der Stimmungsmache gegen eine „unkontrollierte Migration“ geopfert wurden.
Heute scheint es undenkbar, dass sich noch irgendjemand um das Schicksal dieser Ortskräfte schert. Es scheint, als ob im Wahlkampf Afghanistan nur noch mit einem Wort in Zusammenhang gebracht wird: Abschiebungen. Die Verantwortung für ein Land, das man über 20 Jahre entscheidend mit geprägt hat, nur um es danach wieder seinen brutalen Herrschern zu überlassen, hat dagegen kaum noch Gewicht.
Nach dem Abkommen in Doha hofften Teile der Bundesregierung, die USA doch noch dazu zu bringen, ihren Abzug an Bedingungen zu knüpfen. Der Untersuchungsausschuss zeigte, wie schlecht sich Berlin dabei abgestimmt hatte. Wen würde es wundern, wenn es mit Blick auf die Verhandlungen in Riad genau so käme? inland
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