Carola Rackete vs. Matteo Salvini: Sie lässt sich nicht länger schmähen
Er nannte sie Großmaul und Schleuser-Komplizin. Jetzt hat die Sea-Watch-Kapitänin Klage gegen den italienischen Innenminister eingereicht.
In der Tat hat Rackete bei der Staatsanwaltschaft Rom eine Klage bei Salvini eingereicht – Klage wegen Verleumdung und Anstiftung zu Straftaten. In der Klageschrift heißt es: „Matteo Salvini hat mich öffentlich und wiederholt als kleines Großmaul, Gesetzesbrecherin, Komplizin der Schleuser, potentielle Mörderin, Kriminelle, Piratin bezeichnet, als eine, die versucht, fünf italienische Militärs umzubringen und die ihre Zeit damit verbringt, italienische Gesetze zu brechen und die Politik auf dem Rücken von Menschen im Elend macht: Die gravierende Verletzung meiner Ehre liegt auf der Hand“.
Nur eines kann man Racketes Aufzählung vorwerfen: nämlich dass die unvollständig ist. Salvini weiß in seinen zahlreichen Facebook-Posts und Tweets nämlich auch zu berichten, die „reiche Kapitänin“ sei Kommunistin. Seine Tiraden verfehlen nicht ihre Wirkung.
Die höflicheren Kommentatoren unter seinen Facebook-Posts wünschen Rackete, sie solle „in Deutschland ein Bier trinken und gefälligst dort bleiben“, andere wünschen sich, „den Richter aus Agrigent“, der den Haftbefehl gegen Rackete aufgehoben hatte (in Wirklichkeit handelte es sich um eine Richterin, Anm.d. Red.), „zusammen mit Carola im Gefängnis“ zu sehen, empfehlen der „armen Idiotin“, der „Rasta-Marionette“, dem „deutschen Püppchen“, „sich unter den Achseln zu rasieren“.
Salvini will nachjustieren
Eben deshalb verlangt Rackete neben der Strafverfolgung Salvinis auch die Abschaltung seines Facebook- und seines Twitter-Accounts, denn der Minister denkt gar nicht daran, den dort in zehntausendfach in den Kommentaren abgesonderten Hasstiraden Einhalt zu gebieten.
Salvini hat jedoch auch eine freundliche Seite. Am Dienstag war er im sizilianischen Mineo, dort befand sich über Jahre Italiens größtes Flüchtlingscamp. Salvini kam, um die endgültige Schließung des Lagers bekanntzugeben. Gut 100 Kreaturen jedoch hatten es ihm angetan: durchs Lager streunende Hunde. Auf Social Media rief er dazu auf, die armen Tiere aufzunehmen.
Ansonsten aber ist er dieser Tage damit befasst, den Kurs gegen die NGOs ein Stück weiter zu verschärfen. Ab Montag stimmt Italiens Parlament über das im Juni von der Regierung aufgelegte „zweite Sicherheitsdekret“ ab. Ursprünglich sah es vor, dass NGO-Schiffe beschlagnahmt werden können, wenn sie wiederholt unerlaubt in italienische Hoheitsgewässer eindringen; außerdem sollte eine Geldbuße von 50.000 Euro fällig werden.
Doch nachdem Carola Rackete von der Justiz auf freien Fuß gesetzt worden war, nachdem Jan Böhmermann eine Million Euro für Sea-Watch gesammelt hatte, muss Salvini jetzt nachjustieren. In Zukunft sollen Schiffe schon beim ersten Eindringen in italienische Gewässer konfisziert werden, soll die Geldbuße eine Million Euro betragen, soll der Kapitän automatisch in Haft, ohne Ermessenspielraum für die Justiz. In den Augen seiner 3,7 Millionen Facebook-Freunde und der mittlerweile 38% im Land, die die Lega wählen würden, wäre das wohl genau die richtige Medizin, um der „deutschen Kommunistin“ endlich das Handwerk zu legen.
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