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Call My Agent BerlinDie Agenten der Stars sind die Stars

In „Call My Agent Berlin“ zeigen sich deutsche Fimpromis mal selbstironisch. Das geht in gar nicht so wenigen Momenten sogar ganz gut.

Premiere von Call My Agent Berlin in, ja, Berlin, 8.9..2025
Jonas Kähler

Von

Jonas Kähler aus Berlin

taz | Die Gesichter der höchsten Schauspielgarde des Landes schauen einen aktuell an beinahe jeder Straßenecke an, kaum eine Litfaßsäule kommt aus ohne Werbung für die womöglich größte deutsche Serienproduktion des Jahres.

„Call My Agent Berlin“, die deutsche Adaption der fast gleichnamigen französischen Serie „Call My Agent“ (Originaltitel: „Dix pour cent“), ist ein Schaulaufen deutscher Prominenz, die versucht, sich selbst auf die Schippe zu nehmen. Das gelingt tatsächlich besser als in anderen, doch häufig arg verkrampften heimischen Produktionen.

Die Berliner Schauspielagentur Stern steht vor Problemen. Kriselnde, undurchsichtige Finanzen und alteingesessene Schauspieler*innen, die in der Aufmerksamkeitsökonomie des Jahres 2025 keine dicken Fische mehr an Land ziehen können.

Dazu kommt der unerwartete Tod des Agenturgründers Richard Stern (Sven-Eric Bechtolf), der einen Konkurrenzkampf um die Nachfolge zwischen den Agen­t*in­nen auslöst. Soweit das Setting.

Call my Agent Berlin

bei Disney Plus

Die Zukunft der Agentur

Ab hier folgen die zehn Episoden einem wiederkehrenden Schema. Jede Folge eine Schauspielgröße, die sich selbst darstellt und in eine Situation gerät, die mit dem eigenen öffentlichen Image spielt.

Den Anfang macht Moritz Bleibtreu, der in einer Talkshow von Johannes B. Kerner austickt, weil der Moderator sich wesentlich stärker für seinen jüngeren Sidekick interessiert. Als dann auch noch seine Rolle in einer Hollywoodproduktion des Star-Regisseurs Christopher Nolan gestrichen wird, da Bleibtreu eben doch zu alt sei und nur noch Botox die Rolle retten kann, schlägt die Stunde der intriganten Agent*innen, die gleichzeitig ihre Schau­spie­ler*­in­nen umgarnen und die Zukunft der Agentur sichern müssen.

So zieht es sich fortan durch die Serie: Die ewig unlustige Veronica Ferres, die dem Filmgeschäft den Rücken kehren will und sich der Stand-Up-Comedy zuwendet; Frederick Lau als etwas verpeilter Romantiker, der nur Augen für seinen Co-Star Emilia Schüle hat.

Katja Riemann als sympathische und tiefsinnige Freundin oder Heiner Lauterbach mit dem schier unermesslichen Ego eines Altstars. Oft funktioniert dieses Schema erstaunlich gut und kreist um den Punkt, an dem die Selbstaufgabe der Stars zwar unangenehm anzuschauen ist, aber doch amüsant bleibt.

Zuweilen bleibt die Persiflage auf die eigenen Eitelkeiten dann aber doch etwas dünn und lässt das letzte Quäntchen Selbstironie vermissen, um über die volle Länge packend zu bleiben und die Serie so gut zu machen wie ihr französisches Original.

Meisterin der Manipulation

Getragen wird „Call My Agent Berlin“ in diesen Momenten dann glücklicherweise von den eigentlichen Stars der Serie, nämlich den Agen­t*in­nen der Agentur Stern, die so ziemlich alle Vorstellungen über das Treiben hinter den Kulissen abdecken.

Lucas Gregorowicz als egozentrischer Workaholic, Michael Klammer als etwas zu zuvorkommender Freund und Berater oder Karin Hanczewski als Meisterin der Manipulation, die allerdings den Job und ihr Liebesleben nicht zu trennen vermag. Mittenrein platzt dann noch die hervorragend spielende Dana Herfurth, die als Sophie Goldbach neu in die Agentur kommt und so einiges durchwirbelt.

Am Ende mag es der Starfaktor sein, der den Hype um „Call My Agent Berlin“ bedingt, zu einer überraschend guten Serie machen es dann aber die weniger bekannten Agent*innen, die Strippenzieher im Hintergrund, welche die Story zusammenfügen und in diesem Fall selbst groß aufspielen.

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