CO2-Fußabdruck von Forschungsinstituten: Wissenschaft will Primus werden
Auch Wissenschaftsinstitute tragen zur Klimaveränderung bei. Eine Studie zeigt, dass noch viel Luft nach oben ist, um die CO2-Bilanz zu verbessern.
„Das akademische System ist derzeit nicht klimaverträglich“, erklärte Physikprofessorin Astrid Eichhorn, eine der Autorinnen der Studie („Towards Climate Sustainability of the Academic System in Europe and beyond“). Die gute Nachricht: Einzelne Akteure in der Wissenschaft hätten bereits erste Schritte in Richtung Klimanachhaltigkeit getan. Und: „Es gibt jetzt viele Optionen für alle Beteiligten, um klimanachhaltig zu werden“, so Eichhorn. Die Veranstaltung, die von der Jungen Akademie der Wissenschaftsakademien in Berlin und Halle mitorganisiert wurde, stand unter dem Rahmenthema der noch bis zum 10. November dauernden Wissenschaftswoche Paradigmenwechsel: Nachhaltigkeit jetzt gemeinsam erreichen.
In der Allea-Studie wurden alle am Wissenschaftssystem beteiligten Institutionen und Personengruppen auf ihren CO2-Fußabdruck unter die Lupe genommen: Hochschulen, Professoren und Studierende, Forschungslabore und Rechenzentren, Förderorganisationen, selbst Mensen und Forschungspolitiker in den Parlamenten. Heraus kam, dass die Bandbreite der Treibhausgasemissionen europäischer Universitäten nach ihren eigenen Umweltberichten zwischen einer Tonne und über 30 Tonnen CO2-Äquivalent-Emissionen pro Mitarbeiter beträgt.
Die große Spreizung kommt durch unterschiedliche Berechnungen zustande. Während ein Teil der Unis nur Heizung und Stromverbrauch in ihr Ökokonto eintragen, addieren andere auch Transport- und Reisekosten oder Emissionen aus Lieferketten hinzu.In der Astronomie beispielsweise gab ein Forschungsinstitut etwa 18 Tonnen CO2-Äquivalente an Emissionen pro Forscher an. Die Hauptquellen waren hier Flugreisen zu Wissenschaftskonferenzen und der Stromverbrauch, zumeist für den Rechnerbetrieb.
Flugreisen und Stromverbrauch als zentrale Verursacher
Dagegen landeten zwei Labore aus den Life Sciences bei vier Tonnen CO2-Äquivalente. Aber auch hier waren Flugreisen und Stromverbrauch die zentralen Verursacher. Inzwischen ist in der Wissenschaft „Flugscham“ längst zum Trend geworden. Und die Coronapandemie hat ihren Teil dazu beigetragen, dass viele Konferenzen im Netz stattfinden.
Dennoch hält Astrid Eichhorn weitere Klima-Anstrengungen für nötig, auch um die Glaubwürdigkeit der Wissenschaft nicht zu beschädigen. „Ich denke, dass wir die Dringlichkeit der Krise noch deutlicher machen und die Wirkung wissenschaftlicher Politikberatung erhöhen können“, so die Physikerin, die an der Universiät von Süd-Dänemark tätig ist, „wenn wir zu einem gesellschaftlichen Sektor werden, der bei der Reduzierung seiner Klimaauswirkungen führend wird“.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Krieg in der Ukraine
„Weihnachtsgrüße“ aus Moskau