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CO₂-Bilanz des Heizungsgesetzes„Ein großes Fragezeichen“

Das Gebäudeenergiegesetz der Ampel-Regierung soll Deutschlands Heizungen CO₂-ärmer machen. Ob das klappen wird? Experten sind skeptisch.

Heizkörper Foto: Christian Ohde/imago

Berlin taz | Eigentlich sollte das neue Heizungsgesetz das im Sinne des Klimaschutzes verhindern: Es wird auch im kommenden Jahr für viele Menschen möglich bleiben, neue Gasheizungen einzubauen. Darauf haben sich die Ampel-Parteien geeinigt, wie es aus Regierungskreisen heißt.

Zwar gilt das nicht für jede Art von Gasheizung – „H2-ready“ muss sie sein, also potenziell wasserstofftauglich. Und auch das soll nur gehen, wenn die Kommune sich verbindlich entschlossen hat, überhaupt ein Wasserstoffnetz aufzubauen. Wie viele das tun werden, ist ungewiss. Schließlich gilt (grüner) Wasserstoff als knappes und teures Gut, das etwa in der Indus­trie dringender gebraucht wird als beim Heizen.

Das Aber: Bevor eine Kommune überhaupt eine Wärmeplanung hat, in der sie sich auf ein Wasserstoffnetz festlegen könnte oder eben nicht, darf man sich auch einfach so wieder für eine Gasheizung entscheiden. Man muss nur vorher an einer Energieberatung teilnehmen und darf dann losbauen.

Neu ist allerdings, dass die Ampel diese Option weniger attraktiv machen will: Entscheidet sich die Kommune in ihrer Wärmeplanung später gegen ein Wasserstoffnetz, muss die Heizung nämlich wieder ausgetauscht oder nach und nach mit Biogas betrieben werden.

Gasheizung wird teurer

Ab 2029 gilt eine Quote von 15 Prozent, zu denen das Heizgas pflanzenbasiert statt fossil sein muss. Ab 2035 sollen es 30 Prozent sein, ab 2040 dann 60 Prozent. Das wird den Betrieb von Gasheizungen absehbar sehr teuer machen.

Deutschland will 2045 klimaneutral sein. Bis dahin müssen die Emissionen nach und nach sinken. Das bedeutet, dass alle Wirtschafts- und Lebensbereiche sich von der Nutzung fossiler Energien verabschieden müssen – so auch das Heizen. Statt mit Öl und Gas müssen die Gebäude also mit erneuerbaren Optionen aufgewärmt werden, zum Beispiel mit Wärmepumpen, Solar- oder Geothermie.

Bislang geht es dabei aber kaum voran: Noch im ersten Quartal dieses Jahres waren laut des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie mehr als die Hälfte der verkauften Heizungen gasbetrieben. Ganz grundsätzlich sieht das neue Heizungsgesetz nun vor, dass neue Heizungen ab dem kommenden Jahr mindestens zu 65 Prozent erneuerbar betrieben werden. Durch Ausnahmen wie die bei wasserstofftauglichen Gasheizungen soll das aber nur noch eingeschränkt gelten.

Viele Kritikpunkte bei den Details

„Es gibt ein paar Verbesserungen“, sagt Barbara Metz von der Deutschen Umwelthilfe. „Wenn Gasheizungen, die als H2-ready gelten, wenigstens nicht mehr gefördert werden, ist das ein Fortschritt.“ Erlaubt ja, öffentlich gefördert nein? So sehen das immerhin die Grünen. Die FDP hingegen geht davon aus, dass auch wasserstofftaugliche Gasheizungen Fördergeld bekommen sollen. Die neue Einigung der Ampel-Regierung hat also wieder nicht alle Streitpunkte geklärt.

„Die Klimaziele sind damit nicht zu erreichen“, kritisiert Metz. Es seien zudem Chancen vertan worden. „Beispielsweise bei der Pflichtberatung für Menschen, die noch eine Gasheizung einbauen wollen: Wenn man schon mal mit einem Experten im Heizungskeller steht, müsste sich diese Beratung auch auf die sonstige Gebäudesanierung beziehen“, so die Expertin. „Das hätte man besser verknüpfen müssen.“

Andree Boehling von Greenpeace ist froh, dass das Gesetz nun überhaupt kommt. „Das stellt meines Erachtens wirklich einen großen Schritt zum Ausstieg aus der fossilen Wärme dar“, sagt er. Zumindest im Vergleich zum Status quo: „Wenn man sich anguckt, wie vorherige Regierungen die Wärmewende verschleppt haben, ist das ein Fortschritt“, sagt er. „Völlig klar ist aber auch, dass die klimapolitische Wirkung des Gesetzes abgeschwächt wurde.“ H2-ready-Gasheizungen seien klimapolitisch „höchst fragwürdig“ und seien außerdem eine Kostenfalle für Verbraucher:innen, so Boehling. „Da steht ein großes Fragezeichen.“

Bei den Details gebe es viele Kritikpunkte. Wie Metz ist sich auch Boehling sicher: „Die Ziele im Klimaschutzgesetz können so nicht erreicht werden, da muss sehr wahrscheinlich nachgesteuert werden.“ Er sorgt sich auch um den Tonfall in der Ampel-Regierung. „Da ist man natürlich alarmiert, was den Stil der Regierung angeht – denn die hat das zu einem Konfrontationsthema in der Gesellschaft gemacht.“

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9 Kommentare

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  • "...dass neue Heizungen ab dem kommenden Jahr mindestens zu 65 Prozent erneuerbar betrieben werden."



    Wie soll das mit Wärmepumpen gehen? Sicher, die Umweltwärme ist zu 100 % erneuerbar. Bleiben die restlichen 35 %, dafür braucht es Strom. Leider gibt es den Ökostom für die Heizungen nicht, wir liegen ja erst bei 50 % erneuerbar, und wegen der Inbetriebnahme einer Wärmepumpe weht der Wind nicht stärker und auch die Sonne scheint nicht heller. Also erzeugen die Wärmepumpen einen fossilen Strombedarf. Wenn ich nun aus 100 % fossiler Energie mit einem Wirkungsgrad von sagen wir 40 % Strom mache, so habe ich mit einer Wärmepumpe mit einer Leistungszahl von ca. 2,5 (Mehr wird es bei den Luftwärmepumpen, mit elt. Heizstab als Backup, im Winter bestimmt nicht) ziemlich exakt den gleichen Verbrauch an fossiler Energie wie bei einer konventionellen Heizung.



    Da wird nichts "CO2-ärmer".

    • @sollndas:

      Da wir Heizungen, die heute gebaut werden in der Zukunft nutzen, dort aber der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung deutlich höher sein wird, ist Ihr Schluß "Da wird nichts "CO2-ärmer" falsch.

      Diese Antwort ist natürlich nicht an Sie persönlich gerichtet, sondern an die, die Sie in die Irre führen wollen.

      • @0 Substanz:

        "...die Sie in die Irre führen wollen."



        Hm, interessant. Wenn ich auf ein paar physikalisch und chemisch gegeben Tatsachen hinweise, ist das "in die Irre führen". Tut mir leid, aber Naturgesetze lassen sich nun mal nicht ändern.



        Ich will ja Ihre Hoffnung auf die Erneuerbaren nicht schlecht machen, aber zuerst mal müssen noch ein paar neue fossile Kraftwerke zusätzlich gebaut werden, um den Strombedarf der Wärmepumpen zu decken. Da sehe ich schwarz bzgl. Kohleausstieg, sei es 2030 oder 2038.



        Es gibt in Deutschland Gasspeicher mit einer Kapazität von ca. 250 TWh thermisch, um saisonale Verbrauchsschwankungen abzudecken. Wenn Sie mir plausibel erklären können, wodurch Sie diese ersetzen wollen, bin ich gerne bereit, meine Meinung über Wärmepumpen zu ändern.

        • @sollndas:

          Sie verlangen einiges.

          Einige Punkte:

          Wer weiß, ob die 250 TWh nötig sind? Ob über die Größe nachgedacht wurde, erscheint mir zumindest fraglich, wenn man nur soweit denkt sie dann Gazprom zu überlassen.

          Mit einem mehr an regenerativen E. ist geringerer Speichervolumen nötig.

          Dezentrale Speicher in den Haushalten/Industriebetrieben für Tag/Nacht-Schwankungen.

          Größere Speicher für Prozesse, die keine Unterbrechung erlauben: Med. Einrichtungen, bestimmte Produktionslinien.

          Bestimmt müssen wir dann auch mal mit Raumtemperaturen von 18°C auskommen.

          Die neuen fossilen Kraftwerke wären auch ohne Wärmepumpen für die Übergangszeit nötig gewesen.

          Kaltwärmenetze mit Industrieabwärme von sagen wir 20°C aus Industrieabwärme damit der schlimme Heizstab eingespart werden kann.

          Ist alles nicht auf meinem Mist gewachsen und wird das CO2-Problem nicht alleine lösen, aber beruhen auch auf physikalischen und chemischen Tatsachen.

          Wärmepumpen sind in Ihren Randbedingungen recht variabel und in einem Land, das sich mal recht viel auf seine Ingenieure eingebildet hat, sollte man doch auch was anderes hinbekommen als eine Luft-Wasser-Wärmepumpe für jedes Einfamilienhaus.

          • @0 Substanz:

            "Sie verlangen einiges."



            Nein. Die Wärmepumpen verlangen "einiges". Ich schreibe nur hin, was die Wärmepumpen verlangen: "Ich will viiiel Strom, und zwar im Winter".



            Auf die von Ihnen genannten Punkte kann ich nicht alle im Einzelnen eingehen, es würde den Rahmen hier sprengen. Also nur kurz:



            "Wer weiß, ob die 250 TWh nötig sind?"



            Ich möchte nur an das Zittern letzten Winter erinnern, ob die (vollen!) Gasspeicher ausreichen. Wir hatten Glück, der Winter war mild.



            "Mit einem mehr an regenerativen E. ist geringerer Speichervolumen nötig."



            Nö. Der Speicherbedarf steigt. Außer Bedarfsschwankungen sind zusätzlich Angebotsschwankungen auszugleichen.



            "Dezentrale Speicher in den Haushalten/Industriebetrieben für Tag/Nacht-Schwankungen."



            Die sind nicht geeignet, die saisonalen Angebots- und Verbrauchsschwankungen auszugleichen. Heizungen werden nun einmal saisonal betrieben,



            "Die neuen fossilen Kraftwerke wären auch ohne Wärmepumpen für die Übergangszeit nötig gewesen."



            Möglich, aber weniger.



            "...sollte man doch auch was anderes hinbekommen als eine Luft-Wasser-Wärmepumpe für jedes Einfamilienhaus."



            Aber um genau die geht es doch gerade...



            Ansonsten bin ich der Ansicht, dass, wer sich und anderen ein Ziel vorgibt, eine einigermaßen klare Vorstellung davon haben sollte, wie das Ziel auch zu erreichen ist. "Wird schon irgendwie gehen" oder "wird uns schon noch was einfallen" reicht nicht.



            Als wir in den 1980-ern in Wackersdorf und anderswo gegen Atomkraft demonstrierten, war es klar, wie das Ziel (keine AKW) zu erreichen ist: Energie sparen, erneuerbare Energien (zu denen z.B. auch Biogas zählte). Ich habe damals nicht nur demonstriert, sondern Anfang der 1990-er mein Ziel verwirklicht: Ein solarautarkes Haus. Mit Wärmepumpe (ja, gab es damals schon) wäre es nicht gegangen; die erforderlichen Akkus hätten meinen Finanzrahmen gesprengt. Und die sind seit damals nicht billiger geworden, sondern teurer.

            • @sollndas:

              Sie haben mich überzeugt. Danke.

  • Wärmeplanung bis 2028 heißt ja nicht, dass die Fernwärmenetze dann schon stehen. 2035 ist dann schon optimistisch gedacht - und die Frage, woher die "grüne Wärme" dann kommen soll, ist auch noch nicht geklärt. Derzeit ist Fernwärme jedenfalls nicht sehr grün. Die FDP versagt politisch und intellekttuell und reißt in dieser Frage die Ampel mit.

  • Neu ist allerdings, dass die Ampel diese Option weniger attraktiv machen will: Entscheidet sich die Kommune in ihrer Wärmeplanung später gegen ein Wasserstoffnetz, muss die Heizung nämlich wieder ausgetauscht oder nach und nach mit Biogas betrieben werden.

    Das ist keine Option, sondern Verarsche. Sorry. Planungssicherheit bekommt man so nicht.

    • @Strolch:

      Alle Experten sagen, dass Wasserstoff für Heizung sowieso nicht zur Verfügung stehen wird. Die Klausel haben wir nur dem Amoklauf der FDP zu verdanken. Wer also so eine Heizung wider besseres Wissen einbaut, ist selber schuld.