CDU in Sachsen-Anhalt: Klare Abgrenzung zur AfD gefordert
Hält die Brandmauer zu den Rechten? CDUler aus Sachsen-Anhalt fordern ein Bekenntnis gegen Zusammenarbeit mit der AfD nach der Landtagswahl im Juni.
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„In Gesprächen mit Parteikollegen und Amtsträgern kann man den Eindruck bekommen, dass die Abgrenzung nicht klar ist“, sagt Markus Ditz, CDU-Mitglied aus Halle, der taz. Gemeinsam mit 20 anderen Parteimitgliedern hat sich Ditz nun mit einem offenen Brief an Landeschef Sven Schulze und den gesamten Landesvorstand der CDU gewandt.
Unterzeichnet haben unter anderem zwei ehemalige Landtagsabgeordnete und die Landeschefin der Frauen-Union. Sie fordern, dass sich die Landesspitze und auch alle Kandidat:innen für den Landtag vor der Wahl darauf festlegen, dass es keinerlei politische Zusammenarbeit mit der AfD geben wird. Dazu gehöre, so heißt es in dem Brief, neben einer Koalition oder einer Duldung auch die Zustimmung zu AfD-Anträgen im Landtag. Außerdem soll die CDU keine Anträge nur mit Hilfe der radikal Rechten durchsetzen.
Die Unterzeichner:innen, die alle aus Halle und Magdeburg kommen, argumentieren mit ihrem christlichen Menschenbild und demokratischen Werten. „Die AfD hat sich von dieser Grundlage und den fundamentalen Werten unserer Gesellschaft weitgehend verabschiedet“, heißt es. „Sie steht nicht mehr auf dem gemeinsamen Boden unserer deutschen Demokratie.“ Eine Zusammenarbeit mit der AfD würde, so der Brief weiter, einen „großen Schaden für unser Land und unsere Partei bedeuten“.
Ein düsteres Szenario
Ministerpräsident und Spitzenkandidat Reiner Haseloff sowie CDU-Landeschef Schulze haben eine Zusammenarbeit mit der AfD eigentlich bereits ausgeschlossen. Die Partei ist vom Landesverfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft.
Doch auf dem letzten Landesparteitag, erklärt der besorgte Ditz, sei spontan beschlossen worden, dass jede neue Koalition von den Parteimitgliedern abgesegnet werden müsse. Ditz und die anderen Unterzeichner:innen des offenen Briefes fürchten, dass eine Neuauflage der ungeliebten Kenia-Koalition bei den Mitgliedern durchfallen könnte. Dann könne sich ein Szenario ergeben, in dem eine Minderheitsregierung der CDU mit Duldung durch die AfD als Notlösung erscheine. Es müsse vor der Wahl klargestellt werden, dass dies nicht passiere, sagt Ditz.
Abwegig ist das Szenario, das die Unterzeichner des Briefes entwerfen, nicht. Der ehemalige Innenminister Holger Stahlknecht hatte mit genau diesem Szenario geliebäugelt, als die Kenia-Koalition Ende vergangenen Jahres wegen des Streits um die Gebührenerhöhung für den Öffentlich-rechtlichen Rundfunk kurz vor der Scheitern stand. Ministerpräsident Haseloff hatte Stahlknecht daraufhin entlassen, doch dieser tritt bei der Landtagswahl wieder an.
Zudem hatten immer wieder auch andere CDU-Landespolitiker:innen über eine mögliche Zusammenarbeit mit der AfD sinniert, darunter die beiden Vizes der Landtagsfraktion, die in einer „Denkschrift“ behaupteten, die Wähler:innen von CDU und AfD hätten ähnliche Ziele und forderten, es müsse wieder gelingen, „das Soziale mit dem Nationalen zu versöhnen“. Auch sie kandidieren wieder.
„Wir wollen denen eine Stimme geben, die eine mögliche auch indirekte Zusammenarbeit mit der AfD mit Sorge sehen“, sagt dagegen Christiane Diehl, eine weitere CDU-Politikerin, die den offenen Brief unterzeichnet hat. Man wolle nun mit Hilfe einer neuen Website weitere Unterschriften sammeln und sei gespannt auf den Dialog, der daraus hoffentlich entstehe.
CDU-Chef und Kanzlerkandidat Armin Laschet betonte nach der Sitzung des Parteipräsidiums am Montag, dass er sich bereits klar positioniert habe: „Mit der AfD wird nicht koaliert, nicht kooperiert, nicht einmal verhandelt“, so Laschet. Er erwarte, dass sich jeder Kandidat der CDU an diese Vorgabe halte. Laschet bezog sich dabei nicht auf den offenen Brief aus Sachsen-Anhalt, sondern auf die Wahl von Ex-Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen zum Direktkandidaten für den Bundestag am Wochenende in Thüringen.
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