CDU-Schwenk bei der Homo-Ehe: Signal für potenzielle Bündnispartner
Die Christdemokraten richten sich neu aus. Das aktuelle Karlsruher Urteil zum Adoptionsrecht ist dabei eher der Anlass als die Ursache.
FREIBURG taz | Dass die Wende der Union in Sachen eingetragene Partnerschaft gerade jetzt kommt, hat eher politische als juristische Gründe. Denn schon seit einigen Jahren verlangt das Bundesverfassungsgericht eine weitgehende Gleichstellung von Homo- und Hetero-Ehepaaren.
Schon 2009 forderte der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts erstmals den Gesetzgeber zur Gleichstellung auf. Damals ging es um die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst. Es folgten eine Reihe weiterer Urteile, unter anderem zur Erbschaftsteuer im Jahr 2010. Spätestens ab da war klar, dass bald auch die Steuervorteile des Ehegattensplittings auf eingetragene Partner ausgeweitet werden müssen.
Vielleicht aber haben manche Unions-Abgeordnete noch gehofft, der etwas konservativere Zweite Senat des Verfassungsgerichts, der für das Ehegattensplitting zuständig ist, mache den emanzipatorischen Kurs des Ersten Senats nicht mit. Doch diese letzte Hoffnung platzte im Sommer 2012, als erstmals auch der Zweite Senat die Gleichstellung der homosexuellen Partnerschaften forderte, diesmal im Beamtenrecht.
Trotzdem haben die Christdemokraten im Dezember trotzig beschlossen, man werde das Ehegattensplitting nicht von sich aus ausweiten, sondern auf die noch ausstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts warten. Man wollte sich also lieber verurteilen lassen, als freiwillig nachzugeben. Die CDU-Spitze sah offensichtlich mehr Vorteile darin, den konservativen Stammwählern Sturheit zu signalisieren, als eine juristische Niederlage zu vermeiden. Das Urteil vom letzten Dienstag legt zwar nahe, das Adoptionsrecht gleich umfassend für Homosexuelle zu öffnen. Für das umstrittene Steuerrecht hat die Entscheidung aber keine neuen Erkenntnisse gebracht.
Relevanter war da schon die Äußerung von Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle, der am Mittwoch bei der Vorstellung des Karlsruher Jahresprogramms ankündigte, das Urteil zum Ehegattensplitting komme vermutlich noch im ersten Halbjahr 2013. So kurz vor den Wahlen sieht eine Niederlage in Karlsruhe dann doch nicht so gut aus.
Abseits dessen muss sich die Union ohnehin weiter modernisieren, wenn sie für Bündnisse mit den Grünen, aber auch mit den Sozialdemokraten offen sein will. Eine denkbare Überlegung an dieser Stelle: Wenn taktische CDU-Wähler mehrere Koalitionsoptionen sehen, verzichten sie eher auf Leihstimmen an die FDP – und wählen doch die CDU/CSU.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fußball-WM 2034
FIFA für Saudi-Arabien
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins