CDU Niedersachsen will alles beackern: Ökologie wird nachrangig
Weil die Versorgungssicherheit bedroht sei, möchte die CDU alle landwirtschaftlichen Flächen bewirtschaften. Der Artenschutz steht hintenan.
Die CDU würde dort gern auch allerlei Pestizide erlauben. Der Grund: Der Krieg in der Ukraine bedrohe die Versorgungssicherheit. Das sagte Bernd Althusmann, CDU-Chef und Wirtschaftsminister in Niedersachsen, Anfang der Woche der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ).
Es stimmt, die Preise steigen, sowohl für Lebensmittel als auch für Tierfutter. Die Lösung der CDU ist naheliegend, aber alles andere als nachhaltig: Ein Anheizen des Artensterbens hilft niemandem auf diesem Planeten langfristig.
Auch Kunstdünger, der mit russischem Gas produziert wird, ist teurer geworden. Den dann auf diesen ökologischen Vorrangflächen zu verteilen, ist also nicht nur umweltschädlich, sondern auch teuer – auch da hinkt der Vorschlag der CDU, die damit allerdings nicht allein ist.
Bundesminister Özdemir reizt EU-Vorgabe nicht aus
Die EU-Kommission vertagte Ende März die Entscheidung, nach welcher der Pestizideinsatz bis 2030 halbiert werden sollte und erlaubte stattdessen, auch auf Vorrangflächen in diesem Jahr alles anzubauen, was das Bäuer:innenherz begehrt. Und das mithilfe aller in der EU erlaubten Pestizide. Diese Vorrangflächen machen bei Betrieben mit mehr als 15 Hektar fünf Prozent aus.
Bereits direkt nach der Entscheidung der EU-Kommission hatte die CDU aus dem Agrarland Niedersachsen gefordert, die neuen Möglichkeiten genau so auszureizen. Doch der grüne Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir wollte das nicht: Lediglich für den Anbau von Futtermitteln und das Weiden von Tieren sollen die Öko-Flächen im kommenden Sommer dienen – ohne den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln.
„Unverständlich“ fand die CDU das. „Dieses kurzsichtige Vorgehen wird den aktuellen Herausforderungen nicht gerecht“, sagte Althusmann in seiner Erklärung. „Dabei stellen wir ökologische Verpflichtungen keineswegs infrage. Wir behalten die langfristigen Ziele für Umwelt und Nachhaltigkeit weiterhin fest im Blick“, versicherte er zugleich.
Jetzt legte er in der NOZ nach und forderte von der Bundesregierung, den Landwirt:innen „endlich“ zu erlauben, „alle landwirtschaftlichen Kulturen“ anzubauen. Seine Klientel scheint ihm mächtig Druck zu machen.
Ein anderer Ansatz wäre, das angebaute „Futter“ direkt in menschliche Mägen wandern zu lassen – und nicht in Tiere oder Autos. Der Vorteil dieses Weges: Er ist vereinbar mit dem Systemwandel in der Landwirtschaft, der ohnehin bevorsteht.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen