CDU-Entscheidung zur Frauenquote: Die Fraktionsdisziplin siegt
Die CDU-Fraktion votiert bei Probeabstimmung einstimmig für den gefundenen Kompromiss. Die Initiative der SPD im Bundestag bleibt damit chancenlos.
Nun verhält sie sich doch ganz konform. Wenn am Donnerstag der Bundestag über die Frauenquote verhandelt, wird Ursula von der Leyen mit ihrer Fraktion stimmen. Die CDU-Arbeitsministerin ist zwar eine vehemente Verfechterin einer gesetzlichen Regelung für mehr Frauen in den Topetagen der deutschen Wirtschaft. Aber für einen Antrag der Opposition zu votieren – das geht dann doch nicht.
In einer Probeabstimmung in der CDU-Fraktionssitzung am späten Dienstagnachmittag gab es nach Informationen aus Fraktionskreisen keine Gegenstimme und nicht einmal eine Enthaltung. Zuvor hatten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Fraktionschef Volker Kauder heftig für einen Kompromiss geworben.
Der Gesetzentwurf der Opposition, der vom SPD-regierten Stadtstaats Hamburg stammt und vor Monaten vom Bundesrat beschlossen wurde und morgen im Parlament verhandelt wird, sieht vor, dass es ab 2018 20 Prozent Frauen in den Aufsichtsräten geben soll. Ab 2023 sollen es 40 Prozent sein.
Damit hatte auch von der Leyen lange geliebäugelt. Doch Michael Grosse-Brömer, parlamentarischer Geschäftsführer der Union, war sich schon am Montag ziemlich sicher, dass die Ministerin nicht gegen die eigene Fraktion stimmt, nachdem die CDU eine neue, eigene Quotenidee vorgelegt hatte: 30 Prozent Frauenanteil in Aufsichtsräten ab 2020, fest vorgeschrieben per Gesetz.
Flexi-Quote ab 2014
Zuvor soll ab 2014 die von Familienministerin Kristina Schröder (CDU) propagierte Flexi-Quote gelten, bei der sich die Unternehmen selbst eine Mindestquote geben dürfen. Für die feste Quote ist die CDU nun also auch, aber nicht jetzt per Gesetz, sondern erstmal nur als Thema für Wahlprogramm.
Grosse-Brömer, Volker Kauder und Angela Merkel hatten in den vergangenen Tagen dafür gesorgt, dass die Probeabstimmung so ausgeht, wie sie ausgegangen ist. Mit einem „guten Ergebnis“, wie Grosse-Brömer mitteilte. Der Kompromissvorschlag wird auch von der saarländischen Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) unterstützt. Das Saarland hatte – zusammen mit Sachsen-Anhalt, wo eine große Koalition regiert – im Bundesrat für das rot-grüne Vorhaben plädiert.
Nun sind der CDU-Beschluss vom Montag und die Abstimmung im Bundestag am Donnerstag zwei verschiedene Dinge. Rein theoretisch hätte Ursula von der Leyen – unabhängig von ihrem Votum für den Kompromiss – dennoch für den Oppositionsantrag stimmen können. Damit hätte sie sich allerdings gegen die Fraktionsordnung verstoßen. Diese gibt vor, dass sich Abgeordnete mit einer abweichenden Haltung verpflichten, dennoch mit der Mehrheit zu stimmen. Das nennt sich Fraktionsdisziplin.
Die SPD hatte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und Unions-Fraktionschef Volker Kauder aufgefordert, den Fraktionszwang aufzuheben und die Quote zur Gewissensfrage zu erklären. Das werde aber nicht passieren, hatte es aus Unions-Kreisen geheißen.
Die FDP freut sich
Dass das Quotengesetz aller Wahrscheinlichkeit nach am Donnerstag im Bundestag durchfällt, freut vor allem die FDP. Die ist gegen gesetzliche Festlegungen und setzt auf Selbstregulierung durch den Markt. Allerdings gibt es auch bei den Liberalen Quotenbefürworterinnen. Sibylle Laurischk zum Beispiel. Die Familienpolitikerin spricht sich schon lange für mehr Gleichstellung in Topjobs aus. Am Donnerstag will sie auf jeden Fall mit der Opposition stimmen. „Bisher erschließt sich mir nicht, warum ich nicht zustimmen sollte“, sagte sie der taz.
Silvana Koch-Mehrin, FDP-Abgeordnete im Europaparlament, fordert Frauen in der FDP-Bundestagsfraktion auf, den Oppositionsantrag zu unterstützen. „Ich würde mir wünschen, dass es liberale Frauen gibt, die für den Antrag stimmen“, sagt sie.
Unabhängig vom Ergebnis am Donnerstag, eine ist auf jeden Fall froh über den neu entflammten Quotendiskurs in Deutschland: Viviane Reding. „Ich freue mich sehr, dass auch meine christdemokratischen Parteifreunde in Deutschland für eine Frauenquote in Aufsichtsräten eintreten“, twitterte die EU-Kommissarin, die seit Jahren für eine europaweite gesetzliche Regelung kämpft.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Umgang mit der AfD
Sollen wir AfD-Stimmen im Blatt wiedergeben?
Pistorius lässt Scholz den Vortritt
Der beschädigte Kandidat
Haftbefehl gegen Netanjahu
Begründeter Verdacht für Kriegsverbrechen
Böllerverbot für Mensch und Tier
Verbände gegen KrachZischBumm
Pistorius wird nicht SPD-Kanzlerkandidat
Boris Pistorius wählt Olaf Scholz
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen