Bundeswehr in Afghanistan: Kein Wort mehr über Taliban-Angriffe
In einem Jahr endet der Nato-Einsatz im Kundus. Die Sicherheitslage ist immer noch prekär. Über die Zahl der Taliban-Attacken berichtet die Bundeswehr jetzt nicht mehr.
BERLIN dpa | Die Bundeswehr veröffentlicht keine Statistik der Taliban-Angriffe in Nordafghanistan mehr. Das Einsatzführungskommando begründete den Schritt auf dpa-Anfrage mit ungenauen und verzögerten Angaben der afghanischen Streitkräfte. Für 2013 liegen damit nur für das erste Halbjahr Zahlen vor, die auf einen deutlichen Anstieg der Anschläge und Angriffe im Gesamtjahr hindeuten. In den ersten sechs Monaten wurden im nordafghanischen Zuständigkeitsgebiet der Bundeswehr 826 „sicherheitsrelevante Zwischenfälle“ registriert. Im gesamten Jahr 2012 waren es 1228.
Die Bundeswehr hat die Sicherheitsverantwortung in ihrem nordafghanischen Zuständigkeitsgebiet inzwischen komplett an die Afghanen übergeben. Deswegen ist sie bei der Erfassung der Taliban-Angriffe auf die afghanischen Verbündeten angewiesen. Dies habe zu einer „abnehmenden Genauigkeit und zeitgerechten Verfügbarkeit der Meldungen“ geführt, heißt in der Antwort des Einsatzführungskommandos auf eine dpa-Anfrage zur Sicherheitslage.
Es sei davon auszugehen, dass die Statistik weiter an Wert verlieren werde. Zudem seien die Zahlen nur ein Kriterium bei der Gesamtbewertung der Sicherheitslage. „Aus diesen Gründen wird auf die Veröffentlichung der SRZ-Statistik verzichtet“, erklärte das Einsatzführungskommando. SRZ steht für „sicherheitsrelevante Zwischenfälle“.
Die Bundeswehr musste bereits im vergangenen Jahr wegen Ungenauigkeiten seitens der Afghanen die Statistik für 2012 deutlich korrigieren. Daraus ergab sich dann ein Anstieg um etwa ein Viertel im Vergleich zu 2011. Auf welcher Grundlage die Sicherheitslage künftig bewertet werden soll, ist laut Einsatzführungskommando noch unklar. Es werde derzeit „ressortübergreifend ein neuer Bewertungsansatz erarbeitet, der die verschiedenen, für die Bewertung der Sicherheitslage relevanten Einflussfaktoren umfassen soll“, heißt es.
Die Bundeswehr beendet Ende 2014 mit dem Abschluss der Isaf-Mission ihren Kampfeinsatz in Afghanistan, will aber zu Ausbildungs- und Beratungszwecken im Land bleiben. Die Angriffe der Taliban richten sich verstärkt gegen afghanische Soldaten und Polizisten. Das liegt auch daran, dass deutsche Soldaten immer seltener außerhalb der sicheren Feldlagermauern unterwegs sind. Die deutschen Stützpunkte in Kundus und Feisabad wurden bereits an die Afghanen übergegeben, der Bundeswehr ist nur noch ihr Hauptquartier in Masar-i-Scharif geblieben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Anbrechender Wahlkampf
Eine Extraportion demokratischer Optimismus, bitte!
Russische Männer auf TikTok
Bloß nicht zum Vorbild nehmen
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei