Bundeswehr-Gelöbnis in Berlin: Strammstehen vor preußischer Kulisse
Der Anlass ist an den Haaren herbeigezogen, die Gegenproteste sind verhalten: Am Mittwoch leisten Soldaten vor dem Berliner Abgeordnetenhaus ihren „Fahneneid“.
D iesen Mittwoch ist es wieder so weit: Rausgeputzte Rekrut*innen schwören Deutschland die Treue – mitten in Berlin. Anders als bei bisherigen öffentlichen Gelöbnisfeiern der Bundeswehr dienen dieses Mal allerdings nicht etwa der Bundestag oder der Bendlerblock als Kulisse. Nein, es ist der preußische Chic des Berliner Abgeordnetenhauses, der für patriotische Stimmung beim Fahneneid von 29 künftigen Soldat*innen des Wachbataillons beim Bundesverteidigungsministerium sorgen soll.
Warum das Ritual ausgerechnet am Mittwoch und ausgerechnet vor dem Berliner Landesparlament abgehalten wird, ist rätselhaft – selbst wenn man sich auf die Logik der Verantwortlichen einlässt. Parlamentspräsidentin Cornelia Seibeld (CDU) etwa meint, dass der Vorabend des 75-jährigen Grundgesetzjubiläums am 23. Mai ein passendes Datum wäre, um die Soldat*innen vorm Abgeordnetenhaus strammstehen zu lassen. Was das Grundgesetz mit der Bundeswehr zu tun hat – die Armee wurde erst sechs Jahre später gegründet –, bleibt ebenso unverständlich wie die Verbindung vom Militär zum Land Berlin.
Seibeld hat außerdem kundgetan, mit dem öffentlichen Gelöbnis das Abgeordnetenhaus „mit Leben füllen“ zu wollen. Einem Realitätscheck hält auch das nicht stand: Das Gebiet um das Parlamentsgebäude wird weiträumig abgesperrt. Wie lebendig und öffentlich ist eine Zeremonie, an der nur ein erlesener Kreis aus Politprominenz, Presse und Angehörigen der Soldat*innen teilnehmen darf? Die Berliner Linksjugend kämpft in diesen Tagen darum, nur halbwegs in der Nähe einen kleinen Gegenprotest abhalten zu dürfen.
Ausbleibende linke Empörung ist auch verständlich
Immerhin: Denn laute Kritik am Fahneneid ist ausgeblieben. Und das in Zeiten, in denen der Bundestag mit großer Mehrheit einen „Veteranentag“ einführt und Politiker von „Kriegstüchtigkeit“ fantasieren. Doch die antimilitaristische Szene scheint zersplittert und zerstritten. Die „Gelöbnix“-Störer der 2000er sind seit Langem nicht mehr aktiv. Die Grünen, einst Gegner der öffentlichen Gelöbnisse, schicken sogar Fraktionschefin Bettina Jarasch zur Feier am Mittwoch.
Andererseits ist die ausbleibende linke Empörung über den Fahneneid auch verständlich. Seit mehr als 25 Jahren finden in Berlin immer wieder Gelöbnisfeiern statt. Warum sollte man über jedes dieser Stöckchen springen, wenn kreativer Protest an anderen Stellen längst viel mehr Wirkung zeigt? Nur selten kann sich die Armee etwa ungestört auf Berufsmessen oder beim „Tag der Bundeswehr“ als normaler Arbeitgeber präsentieren. Und doch bleibt ein Unbehagen angesichts der anstehenden Feier: Das Zurschaustellen von Patriotismus und militärischer Stärke ist einfach abstoßend.
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