Bundestagsdebatte zu Ceta: Alle zerren an den Grünen
Nachdem das Bundesverfassungsgericht die Klagen gegen Ceta abgewiesen hat, drängt die Union auf eine schnelle Ratifizierung des Abkommens mit Kanada.
Am Dienstag hat das Bundesverfassungsgericht alle anhängigen Klagen gegen das Ceta-Abkommen abgelehnt, darunter auch die „größte Verfassungsbeschwerde aller Zeiten“ mit über 125.000 Unterstützter:innen. Die CDU/CSU legte nun postwendend einen Gesetzentwurf vor, um das bereits 2016 unterzeichnete Ceta-Abkommen sofort auch parlamentarisch zu ratifizieren.
„Es ist höchste Zeit“, sagte CDU-Mann Rouenhoff, „wir sollten Kanada nicht länger warten lassen“. Sein Kollege Tilman Kuban sagte, angesichts der Weltlage müssten Deutschland und die EU nun konsequent Freihandelsabkommen mit den „Demokratien der Welt“ schließen.
Bei der SPD sieht man das ähnlich. „Mit wem sollen wir werte- und regelbasierte Abkommen abschließen, wenn nicht mit Kanada?“ fragte die SPD-Handelspolitikerin Claudia Tausend. Ceta sei ein „faires und nachhaltiges“ Abkommen, sagte ihr Parteifreund Markus Töns, „ein Erfolg der SPD“, aus- und nachverhandelt unter dem damaligen Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel. Ceta solle jetzt „zeitnah“ ratifiziert werden, forderte der SPD-Abgeordnete Johannes Arlt.
Doch der Linke Pascal Meiser erinnerte die Grünen an ihr Wahlprogramm: „Das Ceta-Abkommen werden wir in seiner jetzigen Fassung nicht ratifizieren“, heiße es dort. Nun zeige sich, was grüne Wahlversprechen wert sind.
Grüne sehen keinen Grund zur Eile
Der Grüne Außendorf sah jedoch keinen Grund zur Eile. Das Ceta-Abkommen werde schließlich bereits seit 2017 zu großen Teilen vorläufig angewandt. „Seitdem hat sich das Exportvolumen nach Kanada im Vergleich zum Zeitraum davor fast verdoppelt“, argumentierte Außendorf. Im wesentlichen fehle nur noch das „Sonderklagerecht für Konzerne“, das er für überflüssig halte. Schließlich sei Kanada ebenso ein „etablierter Rechtsstaat“ wie die Staaten der EU.
Zentraler Punkt für die Ratifikation wird im Bundestag die Einschätzung des in Ceta vorgesehenen Investorenschutzes sein. Der Linke Pascal Meiser versprach: „Ein Sonderklagerecht für Konzerne lehnen wir weiter ab“. AfD-Mann Malte Kaufmann sagte voraus, „dass sich multinationale Konzerne mit Schadensersatzklagen gegen unser Land, verhandelt vor intransparenten Sonder-Schiedsgerichten, die Taschen vollmachen werden.“
Der FDP-Abgeordnete Reinhard Houben forderte daraufhin die Linke (aber nicht die Grünen) auf, sich von der AfD zu distanzieren. „Sie kommen hier mit ganz ähnlichen Argumenten zu den gleichen Ergebnissen wie die AfD, das finde ich hochproblematisch“, rief Houben.
Die SPD-Frau Claudia Tausend erinnerte daran, dass auf Druck der SPD die privaten Schiedsgerichte bei Ceta doch schon abgeschafft wurden. Stattdessen gebe es nun einen Ceta-Handelsgerichtshof „mit ordentlichen Richtern, mit Berufungsinstanz und transparenten Verhandlungen.“
Der CDU/CSU-Gesetzentwurf wurde in die Ausschüsse des Bundestags überwiesen. Die Ampel-Regierung hat also noch etwas Zeit, sich zu sortieren.
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